Artikel 104b [Finanzhilfen für bedeutsame Investitionen der Länder]
(1) 1 Der Bund kann, soweit dieses Grundgesetz ihm Gesetzgebungsbefugnisse verleiht, den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und der Gemeinden (Gemeindeverbände) gewähren, die
- zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder
- zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder
- zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums
erforderlich sind. ²Abweichend von Satz 1 kann der Bund im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen gewähren.
(2) 1 Das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen, wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. 2 Das Bundesgesetz oder die Verwaltungsvereinbarung kann Bestimmungen über die Ausgestaltung der jeweiligen Länderprogramme zur Verwendung der Finanzhilfen vorsehen. 3 Die Festlegung der Kriterien für die Ausgestaltung der Länderprogramme erfolgt im Einvernehmen mit den betroffenen Ländern. 4 Zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Mittelverwendung kann die Bundesregierung Bericht und Vorlage der Akten verlangen und Erhebungen bei allen Behörden durchführen. 5 Die Mittel des Bundes werden zusätzlich zu eigenen Mitteln der Länder bereitgestellt. 6 Sie sind befristet zu gewähren und hinsichtlich ihrer Verwendung in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen. 7 Die Finanzhilfen sind im Zeitablauf mit fallenden Jahresbeträgen zu gestalten.
(3) Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat sind auf Verlangen über die Durchführung der Maßnahmen und die erzielten Verbesserungen zu unterrichten.
I. Systematische Einordnung
Die Vorschrift geht auf die Föderalismusreform I von 2006 zurück, ist bereits durch die Föderalismusreform II 2009 (Vor Art. 104a Rn. 4) mit zT gegenläufiger rechtspolitischer Tendenz modifiziert und im Rahmen der Föderalismusreform III (Vor Art. 104a Rn. 5; Rn. 1 unten) erneut geändert worden. Die jüngste Einfügung des Abs. 2 S. 5 geht auf die Novelle von 2019 zurück, hat aber eher deklaratorische Bedeutung (Vor Art. 104a Rn. 5; Rn. 17). Art. 104b erlaubt es dem Bund, sich an der Finanzierung von Investitionen im Aufgabenbereich der Länder und Gemeinden zu beteiligen. Systematisch stellen die Finanzhilfen des Bundes eine weitere Durchbrechung des Konnexitätsgrundsatzes des Art. 104a I dar (Art. 104a Rn. 2 f.). Weitergehende Befugnisse des Bundes zur Gewährung von Finanzhilfen an die Länder ergeben sich aus Art. 104c und Art. 104d. Bereits wieder außer Kraft getreten ist die 2020 geltende Sonderregelung zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie in Art. 143h (BeckOK GG/Kube Art. 143h Rn. 1; zu weiteren Sonder- bzw. Übergangsregelungen Rn. 4). Von der Vorgängerregelung des Art. 104a IV aF (BT-Drs. 16/813, 19), die auf die Finanzreform 1969 zurückgeht (BGBl. 1969 I 359; BT-Drs. 5/2861, 5, 51), ist teilweise sehr extensiv Gebrauch gemacht worden. Wegen der Gefahr einer unkontrollierten und die Verantwortlichkeiten verwischenden Politikverflechtung stand die Vorschrift daher häufig in der Kritik (BT-Drs. 16/813, 7), vereinzelt wurde sogar ihre Verfassungswidrigkeit erwogen (Selmer AöR 101 [1976], 238 (246)). Ziel der Föderalismusreform I war es, das Instrument auf seine eigentliche Zielrichtung zurückführen, Bundesmittel gezielt und flexibel zur Behebung konkreter Problemlagen einzusetzen (BT-Drs. 16/813, 19; BVerfGE 127, 165 (196)). Dazu ist die Gewährung entspr. Finanzmittel an einschränkende materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Anforderungen gebunden, ohne dass sich mit der Neufassung aber ein grdl. Paradigmenwechsel ergibt und die Entscheidung über das „Ob“ der Gewährung nunmehr in das freie Ermessen des Bundes gestellt ist (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 15; s. auch Wulfhorst DVBl 2010, 28 ff.; aA Battis/Klein/Rusteberg DVBl 2009, 682 (684)). Durch die Föderalismusreform II wurden die Förderungsmöglichkeiten erweitert, indem der Bund gem. Art. 104b I 2 nF auch ohne Gesetzgebungsbefugnis in außergewöhnlichen Krisensituationen Finanzhilfen gewähren kann. Die Föderalismusreform III erweitert erneut den Einfluss des Bundes, der nunmehr im Einvernehmen mit den Ländern auf die Ausgestaltung der jeweiligen Länderprogramme zur Verwendung der Finanzhilfen einwirken kann (Abs. 2 S. 2, 3) und dem zusätzliche Kontrollrechte zur Sicherstellung einer zweckentsprechenden Mittelverwendung eingeräumt wurden (Abs. 2 S. 5; BT-Drs. 18/11131, 17). Regelungstechnisch ist die Ergänzung missglückt, weil sie die schon vorher defizitäre Abschichtung von materiellen Vorgaben und Verfahrensfragen weiter verunklart. Zur Einfügung des Abs. 2 S. 5 durch die Novelle von 2019 s. Rn. 17.
Um nicht die Sach- und Finanzverantwortung der Länder zu gefährden, dürfen Finanzzuweisungen kein Ersatz sein, um Defizite des bundesstaatlichen Finanzausgleichs zu kompensieren (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 17; BVerfGE 39, 96 (108); s. auch BVerfGE 127, 165 (194, 197)). Ebenso wenig darf der Bund die Finanzhilfen als Instrument zur Durchsetzung allg. wirtschafts-, währungs-, raumordnungs- oder strukturpolitischer Ziele des Bundes in den Ländern einsetzen (BVerfGE 39, 96 (111)). In Art. 125c wurden Übergangsregelungen für die Fortgeltung des alten Rechts getroffen (Art. 125c Rn. 3).
II. Gegenstand, Voraussetzungen und Entscheidung über die Förderung (Abs. 1)
1. Unter Finanzhilfen sind Zahlungen an die Länder zu verstehen (Jarass/Pieroth/Kment Art. 104b Rn. 2). Mit Rücksicht auf die Eigenstaatlichkeit der Länder muss bei Finanzhilfen an die Gemeinden und Gemeindeverbände (BVerfGE 39, 96 (108 f.)) die verantwortliche Vergabe der Mittel an kommunale Investitionsträger in den Händen der Länder liegen (BVerfGE 41, 291 (313); s. auch BVerwGE 143, 50 (56); → Rn. 13 ff.). Nicht ausgeschlossen ist, dass letztlich Private die Investitionen vornehmen (BVerfGE 83, 363 (381)). Aus dem Begriff der Hilfe ergibt sich zudem, dass der Bund stets nur einen Teil der Investitionskosten übernehmen darf (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 16).
2. Hinsichtlich der materiellen Zulässigkeit von Finanzhilfen differenziert Art. 104b I danach, wem die Gesetzgebungsbefugnis für die geförderte Materie zusteht. Im Unterschied zu Art. 104a IV aF sind Finanzhilfen nach Art. 104b I 1 nur in den Bereichen zulässig, für die der Bund die Gesetzgebungsbefugnis besitzt. Steht dem Bund keine eigene Gesetzgebungsbefugnis zu, ist eine Förderung dem Bund dagegen nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Art. 104b I 2 gestattet (Rn. 11). Ebenfalls auf das Erfordernis einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes wird in Art. 104c und Art. 104d verzichtet. Weiterhin sind die Übergangsregelungen des Art. 125c II sowie des Art. 143c zu beachten (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 5).
a) Von Art. 104b I 1 nicht gedeckt sind Finanzhilfen im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis der Länder. Abweichendes gilt seit der Föderalismusreform III aber nunmehr für die kommunale Bildungsinfrastruktur (Art. 104c Rn. 1) sowie seit der Verfassungsänderung von 2019 für den sozialen Wohnungsbau (Art. 104d Rn. 1). Die Finanzhilfekompetenz besteht im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes uneingeschränkt. Sie für die Erforderlichkeitsgesetzgebung (Art. 72 Rn. 13 ff.) an die Voraussetzungen des Art. 72 II zu binden, dürfte hingegen nicht gewollt sein (SHH/Henneke Art. 104b Rn. 19; aA aber Sachs/Siekmann Art. 104b Rn. 31; zur geringen praktischen Bedeutsamkeit dieser Einschränkung Friauf/Höfling/Schmehl/Braun Binder Art. 104b Rn. 27). Eine tatsächliche Ausübung der Gesetzgebungskompetenz durch den Bund ist nicht erforderlich (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 5).
Investitionen iSd Vorschrift können nur Sachinvestitionen, nicht aber Finanzinvestitionen, insbes. Darlehen sein (v. Münch/Kunig/Heintzen Art. 104b Rn. 7). Pauschale Zuweisungen des Bundes an die Länder wegen allg. finanzieller Schwäche sind auf Grundlage des Art. 104b I 1 nicht zulässig (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 4). Besonders bedeutsam sind diese, wenn sie in Ausmaß und Wirkung besonderes Gewicht haben (BVerfGE 39, 96 (115); BT-Drs. 5/2861, 52, Ziff. 297). Die Förderziele sind auf die in Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3 genannten Fallgruppen beschränkt. Die Hilfe muss erforderlich sein, um die genannten Ziele zu erreichen. Bei Prüfung der Erforderlichkeit respektiert das BVerfG aber einen Beurteilungsspielraum des Bundesgesetzgebers bzw. der Beteiligten an einem Verwaltungsabkommen (BVerfGE 39, 96 (115)).
Das Förderziel der Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) erlaubt dem Bund eine Politik der antizyklischen Globalsteuerung, die in Phasen der Rezession auf eine Belebung der Binnennachfrage durch staatliche Konjunkturprogramme gerichtet ist. Der Begriff des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ist im GG nicht legaldefiniert, wohl aber in § 1 S. 2 StabG (Gesetz v. 8.6.1967, BGBl. I 952), an das stillschweigend auch der verfassungsändernde Gesetzgeber angeknüpft hat, obgleich der Begriff für die Aufnahme neuer, gesicherter Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften offenbleibt (BVerfGE 79, 311 (329)). Nach der dortigen Definition ist das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht durch Stabilität des Preisniveaus, einen hohen Beschäftigungsstand sowie ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht gekennzeichnet.
Sowohl beim Förderungsziel des Ausgleichs unterschiedlicher Wirtschaftskraft (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) als auch bei dem Ziel der Förderung des wirtschaftlichen Wachstums (Abs. 1 S. 1 Nr. 3) müssen sich die Finanzhilfen an der besonderen Aufgabenlast der Länder und Gemeinden orientieren, deren regionaler Erfüllung wegen des Zusammenhanges zwischen den öffentlichen Struktur- und Infrastrukturmaßnahmen und dem Wirtschaftswachstum zugleich überregionale Bedeutung zukommen muss und die die Länder ohne eine finanzielle Beteiligung des Bundes nicht aus eigener Finanzkraft den gesamtstaatlichen Bedürfnissen entspr. bewältigen können (BVerfGE 39, 96 (112)).
Bei Abs. 1 S. 1 Nr. 2 dienen die Finanzhilfen dem Ziel, die Wirtschaftskraft der geförderten begrenzten Regionen derjenigen im übrigen Bundesgebiet anzupassen (SHH/Henneke Art. 104b Rn. 26). Art. 104b kommt Vorrang gegenüber der Gewährung von Ergänzungszuweisungen zur Haushaltssanierung zu (BVerfGE 116, 327 (388)). Innerhalb seines Anwendungsbereichs verdrängt Art. 91a Finanzhilfen nach Maßgabe des Abs. 1 S. 1 Nr. 2 (SHH/Henneke Art. 104b Rn. 27). Von der Fördermöglichkeit hat der Bund durch § 1 KInvFG Gebrauch gemacht (BGBl. 2015 I 974 (975)).
Abs. 1 S. 1 Nr. 3 unterscheidet sich von dem Förderziel nach Abs. 1 S. 1 Nr. 2 durch die nicht regionale, sondern globale Ausrichtung (Sachs/Siekmann Art. 104b Rn. 29). Da letztlich jede vom Bund unterstützte Investition wachstumsfördernd sein kann, bedarf das Förderziel der einschränkenden Interpretation. Es zielt insbes. auf Infrastrukturmaßnahmen, soweit diese Voraussetzung für das Wirtschaftswachstum sind (SHH/Henneke Art. 104b Rn. 30). Spezielle Förderungsmöglichkeiten eröffnen Art. 104c für die kommunale Bildungsinfrastruktur und Art. 104d für den sozialen Wohnungsbau.
b) Im Fall außergewöhnlicher Notsituationen gestattet Art. 104b I 2 dem Bund, Finanzhilfen auch ohne Gesetzgebungsbefugnis des Bundes zu gewähren. Was unter einer Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituationen zu verstehen ist, bestimmt sich nach den gleichen Kriterien wie im Kontext des Art. 109 III 2 und des Art. 115 II 6 (BT-Drs. 16/12410, 10; BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 7 ff.). Insbes. stellt die Finanz- und Wirtschaftskrise eine außergewöhnliche Notsituation iSd Art. 104b I 2 dar (BT-Drs. 16/12410, 10). Damit dient die Vorschrift auch der Legalisierung des Zukunftsinvestitionsgesetzes, mit dem der Bund Investitionen des Bundes und der Länder anregen wollte (zur Verfassungswidrigkeit der dort vorgesehenen Informationsbeschaffung seitens des Bundes → Rn. 13–18). Mittlerweile ist dieses Gesetz außer Kraft getreten (Art. 2 Gesetz v. 3.12.2020, BGBl. I 2657).
3. Die Entscheidung über die Gewährung einer Finanzhilfe liegt beim Bund. Dabei steht dem Bund aber kein freies politisches Ermessen zu, vielmehr trifft ihn nach Maßgabe seiner Finanzkraft eine Pflicht zur Finanzhilfe (BVerfGE 39, 96 (113)). Das föderale Gleichbehandlungsgebot (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 17) verpflichtet den Bund, Länder, bei denen eine vergleichbare Problemlage besteht, nicht einfach von der Förderung auszuschließen (Battis/Klein/Rusteberg DVBl 2009, 682 (686)). Von Einvernehmensvorbehalten oder auch Einspruchsrechten im Einzelfall dürfen die Finanzhilfen nicht abhängig gemacht werden (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 16). Dem Bund steht also kein Recht zu, über die Förderung einzelner Vorhaben mitzuentscheiden, wohl aber kann er bei programmwidriger Inanspruchnahme von Bundeszuschüssen entsprechende Projekte von der Förderung ausschließen (BVerfGE 41, 291 (313)).
III. Regelungsvorbehalte nach Abs. 2 S. 1
Gem. Art. 104b II 1 dürfen Finanzhilfen nur auf Grundlage eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des BRats bedarf, oder aufgrund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung gewährt werden, wobei das Nähere in dem Gesetz oder der Verwaltungsvereinbarung zu regeln ist. Die Verwaltungsvereinbarung bedarf der Schriftform (BVerfGE 41, 291 (308 f.)), der Verhandlungsprozess, bei dem sich Bund und Länder als gleichberechtigte Partner gegenüberstehen, wird vom Gebot bundesfreundlichen Verhaltens regiert (BVerfGE 41, 291 (307 f.)); der Einfluss der Länder auf den Abschluss der Vereinbarung muss dabei ihrem Einfluss auf den Erlass eines zustimmungsbedürftigen Bundesgesetzes entsprechen (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 20). Eine Verwaltungsvereinbarung muss mit allen betroffenen Ländern zugleich abgeschlossen werden (BVerfGE 41, 291 (308)). Gegenstand kann auch ein Einzelprojekt sein, ohne dass dem Bund deshalb ein Mitentscheidungsrecht zusteht (BVerfGE 41, 291, (311)).
Die Regelung hat alles für die Länder Wesentliche zu enthalten. Dazu gehören jedenfalls Bestimmungen über die Auswahl der zu fördernden Investitionsvorhaben, die Höhe des Bundesanteils sowie ein Verteilungsmaßstab, sofern die Summe der angeforderten Bundesmittel den Ansatz im Bundeshaushalt übersteigt (BVerfGE 41, 291 (306 f.)). Die Konkretisierung dieser Fragen darf weder Verwaltungsvorschriften der BReg noch Ermessensentscheidungen vorbehalten sein. Auf diese Weise wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, maßgebend auf den Inhalt der sie berührenden Regelungen Einfluss zu nehmen (Sachs/Siekmann Art. 104b Rn. 39). Abs. 2 S. 1 enthält keine Ermächtigung, dem Bund Verwaltungsbefugnisse gegenüber den Ländern einzuräumen (BVerfGE 127, 165 (192)).
IV. Ausgestaltung der Länderprogramme, Festlegung der Kriterien (Abs. 2 S. 2, 3)
Vor Inkrafttreten der Föderalismusreform III konnte der Bund allein die Arten der zu fördernden Investitionen in der in Abs. 2 S. 1 vorgesehenen Weise festlegen. Dagegen blieb ihm eine darüber hinausgehende Einflussnahme auf die Aufgabenerfüllung verwehrt. Insbes. oblag die nähere Ausgestaltung der Förderprogramme allein den Ländern (BT-Drs. 18/11131, 12). Durch die Neuregelung soll dem Bund ein verbessertes Steuerungsrecht eingeräumt werden, um die Effizienz der eingesetzten Bundesmittel zu gewährleisten (BT-Drs. 18/12588, 33). Abs. 2 S. 2 sieht dazu vor, dass in dem entspr. Bundesgesetz oder der Verwaltungsvereinbarung Bestimmungen über die Ausgestaltung der jeweiligen Länderprogramme getroffen werden können. Dadurch kann ein Abweichen der konkreten Förderbedingungen von Land zu Land verhindert oder jedenfalls begrenzt werden (Sachs/Siekmann Art. 104b Rn. 47). Dabei erfolgt nach Abs. 2 S. 3 die Festlegung der (landesspezifischen) Kriterien im Einvernehmen mit den betroffenen Ländern. Der Regelung kommt insbes. bei der Festlegung der Bestimmungen für die Ausgestaltung der Länderprogramme durch ein Bundesgesetz Bedeutung zu. Das Erfordernis des Einvernehmens mit dem betroffenen Land stellt sicher, dass die spezifischen Investitionsbedarfe und Belange des Landes bei Auswahl und Gestaltung der Fördermaßnahmen berücksichtigt werden (BT-Drs. 18/12588, 33).
V. Kontrollrechte der BReg (Abs. 2 S. 4)
Die auf die Föderalismusreform III zurückgehende Vorschrift erweitert den Einfluss der BReg auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht (BT-Drs. 18/12588, 33). Danach kann die BReg zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Mittelverwendung einen Bericht und Vorlage der Akten verlangen sowie Erhebungen bei allen Behörden durchführen. Dies geht deutlich über die der BReg nach Art. 84 III und IV zukommenden Rechte (BT-Drs. 12588, 33) und die weiterhin nach Abs. 3 bestehenden Unterrichtungsrechte (Rn. 18) hinaus. Die Kontrollbefugnisse der BReg ergeben sich unmittelbar aus der Verfassung; einer besonderen gesetzlichen Grundlage bedarf es somit nicht mehr (Sachs/Siekmann Art. 104b Rn. 53). Der Informationszugang der BReg kann sich auch auf einzelne Vorhaben beziehen (BeckOK GG/Kube Art. 104 Rn. 22). Zu den Kontrollrechten des BRH → Art. 114 Rn. 5.
VI. Zusätzlichkeit, Befristung, Überprüfung, degressive Ausgestaltung (Abs. 2 S. 5, 6, 7)
Nach Abs. 2 S. 5 werden die Mittel des Bundes zusätzlich zu eigenen Mitteln der Länder bereitgestellt. Die Regelung ist erst 2019 eingefügt worden und soll dazu beitragen, dass die Bundesmittel nicht lediglich die eigenen Investitionen der Länder ersetzen, sondern additiv wirken (BT-Drs. 19/6144, 16). Richtigerweise ergibt sich dies aber bereits aus dem Begriff der Hilfe (BVerfGE 39, 96 (116)), sodass die Norm allein deklaratorische Bedeutung hat (BeckOK GG/Kube Art. 104b Rn. 23). Der Änderungsantrag des Haushaltsausschusses, dass die Länder mindestens die Hälfte der öffentlichen Investitionen zu tragen haben (BT-Drs. 19/6144, 16), ist nicht aufgegriffen worden. Ein Bundesanteil von bis zu 90 % dürfte noch verfassungsmäßig sein (MKS/Hellermann Art. 104b Rn. 24). Um schematisch verfestigte Förderungen zu vermeiden (BT-Drs. 16/813, 19), hat der verfassungsändernde Gesetzgeber 2006 in der Föderalismusreform I (Vor Art. 104a Rn. 4) die Dispositionsfreiheit der Beteiligten über die Modalitäten der Gewährung der Finanzhilfe in verschiedene Richtungen eingeschränkt. Nach Abs. 2 S. 6 sind die Mittel zeitlich zu befristen und hinsichtlich ihrer Verwendung in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Abs. 2 S. 7 gibt vor, die Finanzhilfen degressiv auszugestalten. Die Finanzhilfen des Bundes tragen damit den Charakter einer Anschubfinanzierung. Primärer Sinn und Zweck der Überprüfungspflicht ist nicht die zweckgemäße Verausgabung in konkreten Einzelprojekten, sondern die Frage, ob sie noch erforderlich sind und ggf. reduziert oder abgeschafft werden können (BVerfGE 127, 165 (193)). Adressiert ist die Prüfungspflicht bei Leistungsgesetzen an den Bundesgesetzgeber, bei der Gewährung durch Verwaltungsvereinbarungen jedenfalls an die BReg (BVerfGE 127, 165 (198)).
VII. Unterrichtungsrechte (Abs. 3)
Werden Finanzhilfen gewährt, so räumt Art. 104b III seit der Föderalismusreform 2006 dem BT, dem BR und der BReg ein Recht auf Unterrichtung über die Durchführung der Maßnahme ein. Der Anspruch richtet sich gegen die jew. Länder als Empfänger der Finanzhilfen. Ziel der Erfolgskontrolle ist es, einen flexibleren und effizienteren Einsatz der Finanzhilfen zu erreichen (BT-Drs. 16/813, 20). Abs. 3 erlaubt dem Bund keinen Zugriff auf nachgeordnete Landesstellen und Kommunen, ebenso wenig wie ein solcher durch Verwaltungsvereinbarungen eingeräumt werden kann (BVerfGE 127, 165 (200)). Solche Zugriffsrechte stehen der BReg aber nunmehr nach Abs. 2 S. 4 zu (Rn. 16).