Artikel 143e [Übergangsvorschriften für Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen]
(1) 1 Die Bundesautobahnen werden abweichend von Artikel 90 Absatz 2 längstens bis zum 31. Dezember 2020 in Auftragsverwaltung durch die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften geführt. 2 Der Bund regelt die Umwandlung der Auftragsverwaltung in Bundesverwaltung nach Artikel 90 Absatz 2 und 4 durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates.
(2) Auf Antrag eines Landes, der bis zum 31. Dezember 2018 zu stellen ist, übernimmt der Bund abweichend von Artikel 90 Absatz 4 die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, mit Wirkung zum 1. Januar 2021 in Bundesverwaltung.
(3) Durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates kann geregelt werden, dass ein Land auf Antrag die Aufgabe der Planfeststellung und Plangenehmigung für den Bau und für die Änderung von Bundesautobahnen und von sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs, die der Bund nach Artikel 90 Absatz 4 oder Artikel 143e Absatz 2 in Bundesverwaltung übernommen hat, im Auftrage des Bundes übernimmt und unter welchen Voraussetzungen eine Rückübertragung erfolgen kann.
I. Allgemeines
Art. 143e I und II sind durch Gesetz v. 13.7.2017 (BGBl. 2017 I 2347) in das GG eingefügt worden. Sie enthalten Übergangsregelungen für die Überführung der Bundesautobahnen von der bisherigen Bundesauftragverwaltung in die gem. Art. 90 II 1 vorgesehene Bundesverwaltung (Art. 90 Rn. 4 ff.) sowie für die durch Art. 90 IV ermöglichte Überführung von sonstigen Bundesfernstraßen auf Antrag eines Landes in die Bundesverwaltung (Art. 90 Rn. 10). Art. 143e III ist im Jahr 2019 hinzugefügt worden (BGBl. 2019 I 404) und ermöglicht für Bundesautobahnen und sonstige Bundesstraßen des Fernverkehrs, die Zuständigkeit für die Planfeststellung und Plangenehmigung einfachgesetzlich von der Bundeskompetenz auszunehmen, sofern ein Land dies beantragt.
II. Bundesautobahnen
Für die Bundesautobahnen ordnet Art. 143e I 1 abw. Von Art. 90 II 1 vorübergehend die Fortgeltung der Auftragsverwaltung für die Bundesautobahnen bis längstens 31.12.2020 an. Dem Bundesgesetzgeber war es freilich unbenommen, die Bundesautobahnen durch Bundesgesetz gem. Art. 143e I 2 bereits früher in Bundesverwaltung zu überführen (Sachs/Sachs Art. 143e Rn. 3).
III. Sonstige Bundesfernstraßen
Art. 143e II ermöglicht eine Abweichung von Art. 90 IV. Nach Art. 90 IV steht es im Ermessen der BReg, ob sie dem Antrag eines Landes entsprechen will, die im Gebiet dieses Landes liegenden sonstigen Bundesfernstraßen, also diejenigen Bundesstraßen des Fernverkehrs, die nicht Bundesautobahnen sind, in Bundesverwaltung zu übernehmen (Art. 90 Rn. 10). Art. 143e II sieht demgegenüber für eine Übergangszeit vor, dass der Bund einem entsprechenden Antrag eines Landes zwingend stattzugeben und die bislang in Bundesauftragsverwaltung geführten sonstigen Bundesfernstraßen mit Wirkung zum 1.1.2021 in Bundesverwaltung zu übernehmen hat. Der BReg stand bei einem bis 31.12.2018 gestellten Antrag kein Ermessen zu (MKS/Ibler Art. 143e Rn. 7).
IV. Umwandlungsgesetzgebung
Art. 143e I 2 überträgt dem Bundesgesetzgeber die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz und den verfassungsrechtlichen Auftrag zur Überführung der bisher in Bundesauftragsverwaltung geführten Bundesautobahnen und sonstigen Bundesfernstraßen in Bundesverwaltung gem. Art. 90 II 1 und Art. 90 IV (Art. 90 Rn. 4 ff., 10). Der Bund wurde ermächtigt, innerhalb der Übergangsphase die Entflechtung der Verwaltungsaufgaben und den Übergang der Personal- und Sachmittel durch Übergangsvorschriften zu ordnen (BT-Drs. 18/11131, 20). Gesetze auf der Grundlage von Art. 143e I 2 bedurften der Zustimmung des BRates.
V. Fakultative Rückübertragung in Bundesauftragsverwaltung
Art. 143e III überträgt dem Bundesgesetzgeber eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (Hömig/Wolff/Wolff Art. 143e Rn. 4; BK/Faßbender Art. 143e Rn. 34), die Aufgabe der Planfeststellung und Plangenehmigung für den Bau und für die Änderung von Bundesautobahnen und von sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs einem Land wieder zurückzuübertragen. Neben einem Antrag des Landes ist weitere Voraussetzung, dass der Bund diese Aufgabe zuvor nach Art. 90 IV oder Art. 143e II in die Bundesverwaltung übernommen hatte. Art. 143e III räumt dem Bund Ermessen hinsichtlich des „ob“ einer Rückübertragung ein. Erfolgt eine Rückübertragung, führt das Land die Aufgabe im Wege der Bundesauftragsverwaltung aus, wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt (BT-Drs. 19/3440, 2, 11; ebenso DHS/Gröpl Art. 143e Rn. 20). Gesetze auf der Grundlage von Art. 143e III bedürfen der Zustimmung des BRates. In den gesetzlichen Regelungen können auch die Voraussetzungen einer Rücknahme der Verwaltungsaufgaben durch den Bund sowie einer Rückgabe der Verwaltungsaufgaben durch das Land an den Bund bestimmt werden (BT-Drs. 19/3440, 11). Mit der Einfügung von Art. 143e III ist die bereits zuvor bestehende gesetzliche Regelung in § 3 III des Gesetzes über die Errichtung eines Fernstraßen-Bundesamtes (FStrBAG, BGBl. 2017 I 3143), die bis dahin verfassungswidrig war, abgesichert worden (v. Münch/Kunig/Bickenbach Art. 143e Rn. 13; DHS/Gröpl Art. 143e Rn. 13).