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Artikel 141 [Religionsunterricht]

Artikel 7 Abs. 3 Satz 1 findet keine Anwendung in einem Lande, in dem am 1. Januar 1949 eine andere landesrechtliche Regelung bestand.

I. Bedeutung der Norm

Art. 141 beschränkt den örtlichen Anwendungsbereich von Art. 7 III 1. Grund hierfür ist, dass die bei Inkrafttreten des GG bestehenden Länder ihr Schulwesen bereits geordnet hatten und insbes. Bremen sein Schulwesen ohne bekenntnisgebundenen Religionsunterricht eingerichtet hatte (Art. 32 I BremVerf.). Daher wird Art. 141 auch als „Bremer Klausel“ bezeichnet. Gleichwohl ist die Norm nicht auf Bremen beschränkt, sondern gilt allg. für alle Länder, die den Tatbestand erfüllen (Dreier/Brosius-Gersdorf Art. 141 Rn. 8, 28; Rn. 2). Der Anwendung des Art. 141 steht Art. 21 des Reichskonkordats v. 20.7.1933 nicht entgegen (BVerfGE 6, 309 (355 f.)).

II. Anwendungsbereich

Art. 141 gilt unstreitig für Bremen (Sachs/Thiel Art. 141 Rn. 1, 7). Außerdem galt Art. 141 für West-Berlin und findet seit der Wiedervereinigung auf ganz Berlin Anwendung (BVerwGE 110, 326 (331 ff.); DHS/Badura Art. 141 Rn. 7; vgl. auch BVerfG [K] BeckRS 2006, 24365). Die ostdeutschen Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden vom Anwendungsbereich des Art. 141 indes nicht erfasst (offengelassen in BVerfGE 104, 305; 105, 235; 106, 210). Art. 141 setzt zwar weder ausdrücklich noch stillschweigend voraus, dass ein Land, dessen Recht Art. 7 III 1 durchbrechen soll, zwischen dem 1.1.1949 und dem 3.10.1990 „ununterbrochen als Rechtssubjekt existiert haben muss“ (so aber MKS/Unruh Art. 141 Rn. 8; Hömig/Wolff/Wolff Art. 141 Rn. 2). Der Wortlaut von Art. 141 bezieht sich allerdings auf eine „in einem Lande“ der sich konstituierenden Bundesrepublik bestehende „landesrechtliche Regelung“ und gerade nicht auf die in einem extrakonstitutionellen Gebiet wirkenden Maßnahmen der sowjetischen Regierungspolitik (zutr. BeckOK GG/Germann Art. 141 Rn. 6; aA Dreier/Brosius-Gersdorf Art. 141 Rn. 26 ff., mit Bezug auf das Wiedervereinigungsgebot, das in der Präambel und in Art. 23 GG idF v. 23.5.1949 seinen Ausdruck fand). Auch der Zweck der Ausnahme in Art. 141 bestätigt diesen Befund. Die Norm will nur einen Vorbehalt zugunsten abweichender landesrechtlicher Traditionen etablieren, die sich in einem demokratisch-freiheitlichen Konsens manifestiert hatten (aA Sachs/Thiel Art. 141 Rn. 13 f.; v. Münch/Kunig/Boysen Art. 141 Rn. 4). Art. 141 verlangt eine landesrechtliche Regelung nicht unbedingt in Gestalt eines formellen Gesetzes; auch RVOen sind ausreichend, nicht aber bloße Verwaltungsvorschriften (MKS/Unruh Art. 141 Rn. 4). In den Anwendungsbereich von Art. 141 fallen auch landesrechtliche Regelungen, die sich nur auf bestimmte Landesteile oder einen speziellen Schultypus, etwa Berufsschulen, beziehen (v. Münch/Kunig/Boysen Art. 141 Rn. 4; Sachs/Thiel Art. 141 Rn. 5 f.). Hingegen kommt es bei der Frage, inwiefern die Länder bekenntnisneutrale Schulen einrichten können, nicht auf Art. 141 an (SHH/Hofmann Art. 141 Rn. 7). Ebenfalls kann aus der Befreiung von der Verpflichtung zur Einführung des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach nicht auf eine allgemeine Landeskompetenz zur Einführung einer laizistischen Schulverfassung geschlossen werden (Hecker NVwZ 2019, 1476 (1480)).

III. Rechtsfolgen

Ein Land, das der Ausnahme von Art. 141 unterfällt, muss die Verpflichtungen aus Art. 7 III 1 nicht erfüllen. Damit entfallen auch (und nur) die darauf bezogenen Berechtigungen (Jarass/Pieroth/Jarass Art. 141 Rn. 2). Es steht dem durch Art. 141 begünstigten Land jedoch frei, einen bekenntnisgebundenen Religionsunterricht iSd Art. 7 III 1 einzuführen (DHS/Badura Art. 141 Rn. 2). Freilich ist das Land dann nicht daran gehindert, den Religionsunterricht später wieder abzuschaffen, da Art. 141 für die in Bezug genommenen Länder generell gilt und nicht zeitlich begrenzt oder bedingt ist (MKS/Unruh Art. 141 Rn. 5; aA BeckOK GG/Germann Art. 141 Rn. 9).