Zur Startseite navigieren

Artikel 114 [Rechnungslegung; Bundesrechnungshof]

(1) Der Bundesminister der Finanzen hat dem Bundestage und dem Bundesrate über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über das Vermögen und die Schulden im Laufe des nächsten Rechnungsjahres zur Entlastung der Bundesregierung Rechnung zu legen.

(2) 1 Der Bundesrechnungshof, dessen Mitglieder richterliche Unabhängigkeit besitzen, prüft die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. 2 Zum Zweck der Prüfung nach Satz 1 kann der Bundesrechnungshof auch bei Stellen außerhalb der Bundesverwaltung Erhebungen vornehmen; dies gilt auch in den Fällen, in denen der Bund den Ländern zweckgebundene Finanzierungsmittel zur Erfüllung von Länderaufgaben zuweist. 3 Er hat außer der Bundesregierung unmittelbar dem Bundestage und dem Bundesrate jährlich zu berichten. 4 Im übrigen werden die Befugnisse des Bundesrechnungshofes durch Bundesgesetz geregelt.

I. Regelungsgegenstand und -systematik

Die Vorschrift regelt die Rechnungsprüfung und die Finanzkontrolle des Bundes und schließt den vierstufigen Haushaltskreislauf ab (Vor Art. 104a Rn. 3). Abs. 1 verpflichtet den Bundesminister für Finanzen zur Rechnungslegung gegenüber dem BT und dem BR und regelt die Entlastung der BReg durch Beschl. dieser beiden Bundesorgane. Der Entlastung vorgeschaltet ist die Rechnungsprüfung durch den BRH (Abs. 2 S. 1; →  Rn. 5 ff.). Einrichtung, Rechte und Pflichten des BRH sind in Abs. 2 geregelt. Damit effektuiert Art. 114 durch organisatorische und verfahrensrechtliche Sicherungen das parlamentarische Budgetrecht und ist ein wichtiger Garant einer wirksamen parlamentarischen Regierungskontrolle durch das Haushaltsrecht (BVerwGE 139, 87 (103); 176, 19 (29)) und so eng mit dem Demokratieprinzip verbunden (BVerfGE 172, 306 (310 f.); 174, 72 (78 f.)). Im Zuge der Föderalismusreform III (Vor Art. 104a Rn. 4) ist der zuvor umstr. Prüfungsumfang bei Stellen außerhalb der Bundesverwaltung klargestellt worden (Rn. 12).

II. Rechnungslegung durch den Bundesminister der Finanzen (Abs. 1)

Die Pflicht zur Rechnungslegung obliegt allein dem Bundesminister für Finanzen und unterliegt weder der Richtlinienkompetenz des BKanzlers noch dem Zugriff der BReg durch Kabinettsbeschluss (Sachs/Siekmann Art. 114 Rn. 9). Dargestellt werden muss der Vollzug des Haushaltsplanes (BVerfGE 79, 311 (328)). Dazu sind den im Haushaltsplan vorgesehenen Einnahmen und Ausgaben alle tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben des Bundes unter Berücksichtigung des (Verwaltungs- und Finanz-)Vermögens sowie der Schulden des Bundes gegenüberzustellen (MKS/Schwarz Art. 114 Rn. 20, 23; DHS/Kube Art. 114 Rn. 18 f.).

Erfüllt werden muss die Pflicht zur Rechnungslegung im Laufe des folgenden Rechnungsjahres, dh in dem Jahr nach Ablauf des betr. Rechnungsjahres (Dreier/Heun/Thiele Art. 114 Rn. 16); bei einem mehrjährigen Haushaltsplan ist ebenfalls auf das Rechnungsjahr abzustellen (v. Münch/Kunig/Heintzen Art. 114 Rn. 3). Einfachgesetzliche Regelungen zur Art und Weise der Rechnungslegung finden sich in §§ 71 ff. BHO (Sachs/Siekmann Art. 114 Rn. 6 ff.). Insbes. sind am Ende des Rechnungsjahres gem. § 80 III BHO eine Haushaltsrechnung (§ 81 BHO) und eine Vermögensrechnung (§ 86 BHO) zu erstellen (vgl. Sachs/Siekmann Art. 114 Rn. 7). Die Rechnungslegung des Bundes basiert im Kern weiterhin auf der Kameralistik, die auf die Erfassung der kassenwirksamen Einnahmen und Ausgaben eines Haushaltsjahres gerichtet ist. Dem Vorbild verschiedener Bundesländer und der Kommunen zur doppischen Rechnungslegung überzugehen, die auch eine Darstellung des Ressourcenverbrauchs ermöglicht, ist der Bund bislang noch nicht gefolgt (DHS/Kube Art. 114 Rn. 26 f.).

III. Entlastung durch Bundestag und Bundesrat (Abs. 1)

Die Entscheidung über die Entlastung durch den BT und den BR, der die Rechnungsprüfung durch den BRH vorgelagert ist (Rn. 8), statuiert eine spezielle Verantwortung der Regierung gegenüber dem Parlament (BVerfGE 45, 1 (50)), dient aber zugleich der bürokratisch-föderalen Kontrolle. Der BT und der BR müssen je für sich (MKS/Schwarz Art. 114 Rn. 34) entscheiden, ob sie der BReg die Entlastung erteilen oder diese verweigern. Die Entlastung bzw. deren Verweigerung kann nicht auf einzelne Teile beschränkt werden, sondern muss sich auf den gesamten Haushaltsvollzug beziehen (DHS/Kube Art. 114 Rn. 42). Zu einzelnen Punkten kann aber die Missbilligung ausgedrückt werden (Dreier/Heun/Thiele Art. 114 Rn. 36). Ihrer Rechtsnatur nach ist die Entlastung durch den BT ein schlichter Parlamentsbeschluss nach Art. 42 II 1, in dem das Parlament eine politische Entscheidung über das Finanz- und Haushaltsgebaren der BReg trifft (BVerfGE 45, 1 (50)). Der BR beschließt nach Art. 52 IV 1. Die rechtliche Verantwortung der an der Haushaltsführung beteiligten Personen bleibt durch die Entlastung unberührt (DHS/Kube Art. 114 Rn. 43). Gleichwohl besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Rechtspflicht zur Entlastung, für die die gleichen Maßstäbe wie für die Finanzkontrolle durch den BRH gelten (BeckOK GG/Butzer Art. 114 Rn. 45) und die ggf. verfassungsgerichtlich im Wege des Organstreitverfahrens erzwungen werden kann (v. Münch/Kunig/Heintzen Art. 114 Rn. 42). Werden umgekehrt Rechte des BTags im Haushaltskreislauf verletzt, schließt das Entlastungsverfahren nach Art. 114 nicht das Rechtsschutzbedürfnis für ein Organstreitverfahren aus (BVerfGE 45, 1 (30, 50)).

IV. Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof (Abs. 2)

Art. 114 II 1 enthält eine institutionelle Garantie des BRH, die sich auf seinen Bestand, seinen traditionellen Aufgabenkreis und seine Organisationsstruktur, dh die Garantie der richterlichen Unabhängigkeit seiner Mitglieder erstreckt. Zu seinen verfassungsunmittelbaren Aufgaben zählt nach Abs. 2 S. 1 die Finanzkontrolle, die neben der Prüfung der Rechnungslegung durch den Bundesminister der Finanzen (rechnungsabhängige Prüfung →  Rn. 2 f.) auch („sowie“) die rechnungsunabhängige Prüfung der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes am Maßstab der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsgemäßheit einschließt (Dreier/Heun/Thiele Art. 114 Rn. 24; →  Rn. 15). Abs. 2 S. 2 ermächtigt den BRH zu Erhebungen bei Stellen außerhalb der Bundesverwaltung (Rn. 12). Ebenso verfassungsunmittelbar obliegt dem BRH nach Abs. 2 S. 3 eine jährliche Berichtspflicht (Rn. 16 f.). Über die verfassungsunmittelbaren Aufgaben hinaus können dem BRH durch die Regelungsermächtigung des Abs. 2 S. 4 in begrenztem Umfang auch weitere Befugnisse zugewiesen werden (Rn. 18). Bestimmt wird die Auslegung des Art. 114 II durch das Postulat einer möglichst lückenlosen Prüfung der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes und der Länder ( Vermeidung prüfungsfreier Räume, s. BVerwGE 139, 87 (102 f.); 172, 306 (311)), das mit Rücksicht auf die Eigenstaatlichkeit der Länder und ihre eigenverantwortliche Haushaltswirtschaft (Art. 20 I, 30, 109 I) allerdings nicht exklusiv durch den BRH, sondern arbeitsteilig mit den Landesrechnungshöfen zu erfüllen ist (BVerwGE 116, 92 (98); →  Rn. 10). Die dem BRH zugewiesenen Kompetenzen schließen als Annex die Befugnis ein, zu regeln, unter welchen Voraussetzungen der Öffentlichkeit und der Presse Informationen zu erteilen sind oder erteilt werden dürfen (BVerwGE 174, 72 (75)). Von seiner Gesetzgebungskompetenz hat der Bund durch § 96 IV BHO Gebrauch gemacht (Rn. 6).

1. Stellung (Abs. 2 S. 1)

Der BRH ist ein oberstes Bundesorgan und Teil der Exekutive (DHS/Kube Art. 114 Rn. 62; aA BeckOK GG/Butzer Art. 114 Rn. 2: Sonderstellung zwischen Regierung und Parlament; offen BVerfGE 127, 165 (220); nunmehr BVerwGE 164, 368 (371): nicht Teil, sondern „bloßer Diener der gesetzgebenden Gewalt“). ISv § 1 I IFG ist seine Prüfungstätigkeit als Verwaltungstätigkeit einzuordnen (BVerwG NVwZ 2013, 431 (432) mit zust. Anm. Schoch), § 1 III IFG wird aber seit 2013 durch § 96 IV BHO als lex specialis verdrängt (BVerwG NVwZ 2018, 1401 (1402); BVerwGE 174, 72 (74)). Die Unabhängigkeit seiner Mitglieder macht die Tätigkeit des BRH nicht zur Rechtsprechung i. S. d. Art. 92 (BVerwGE 164, 368 (371)). Anders als Art. 44 IV 1 und Art. 10 II 2 enthält Art. 114 II keinen Ausschluss der gerichtlichen Überprüfbarkeit des BRH (BVerwGE 164, 368 (371 f.)). Vielmehr unterliegen seine Prüfberichte ihrerseits der verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Kontrolle (OVG Koblenz BeckRS 2019, 30363 Rn. 109).

Die Garantie richterlicher Unabhängigkeit bedeutet persönliche sowie sachliche Unabhängigkeit (Art. 97 Rn. 1), garantiert darüber hinaus aber auch die Freiheit bei der Wahl des Prüfungsgegenstandes wie der Prüfungsschwerpunkte (Jarass/Pieroth/Jarass Art. 114 Rn. 4; BVerwGE 176, 19 (29)). Die richterliche Unabhängigkeit, auf die sich nur die Mitglieder des BRH, nicht aber die Prüfungsbeamten berufen können, schließt das Beratungsgeheimnis ein (BVerwGE 128, 135 (137 f.)). Nicht mit der Garantie richterlicher Unabhängigkeit zu vereinbaren sind Dienstzeitenregelungen (BGHZ 113, 36 (39 ff.)). Die Mitglieder des BRH sind aber keine Richter, sondern Beamte (BVerwGE 172, 306 (333); OVG Bln-Bbg 2022, 15266 Rn. 35). Eine verbindliche Garantie einer Kollegialverfassung des BRH enthält Abs. 2 hingegen nicht (Dreier/Heun/Thiele Art. 114 Rn. 22). Ein dem Art. 101 I 2 entsprechendes „Recht auf den gesetzlichen Rechnungsprüfer“ gibt es nicht (BVerwGE 172, 306 (333); OVG Bln-Bbg BeckRS 2022, 15266 Rn. 35).

2. Finanzkontrolle (Abs. 2 S. 1, 2)

Die Prüfung der Rechnung schließt sich an die Rechnungslegung durch den Bundesminister der Finanzen an, kann zeitlich aber bereits vorher einsetzen (MKS/Schwarz Art. 114 Rn. 92) und ist der parlamentarischen Rechnungsprüfung vorgelagert. Sie stellt eine rein formelle Prüfung der buchhalterischen Korrektheit dar (BeckOK GG/Butzer Art. 114 Rn. 12 f.). Bei den Prüfungsgegenständen der rechnungsunabhängigen Finanzkontrolle ist der verfassungsunmittelbare Aufgabenkreis (Abs. 2 S. 1, 2; →  Rn. 9) von den einfachgesetzlich nach Abs. 2 S. 4 zugewiesenen Aufgaben (Rn. 18) zu unterscheiden.

Verfassungsunmittelbarer Gegenstand der Finanzkontrolle ist zunächst nur die unmittelbare Bundesverwaltung (BVerwGE 139, 87 (103); s. auch BK/Engels Art. 114 Rn. 185). Einbezogen werden aber auch die Sondervermögen des Bundes (§ 113 BHO; BSGE 52, 294 (298)), (unselbstständige) Bundesbetriebe sowie das Finanz- und Wirtschaftsgebaren der Legislative (BVerfGE 80, 188 (214) zu Fraktionszuschüssen) und der Bundesgerichte. Hinsichtlich der von ihm erlassenen Gesetze ist der Gesetzgeber kein Prüfungsadressat (BVerfGE 127, 165 (213)). Kontrolliert wird nicht der Haushaltsgesetzgeber, sondern die Exekutive (BVerfGE 79, 311 (328)). Die Prüfungsbefugnis des BRH nach Art. 114 II ist insofern von der verfassungsgerichtlichen Prüfung des Haushaltsgesetzes zu unterscheiden, das nicht Gegenstand, sondern Maßstab der Rechnungsprüfung ist (BVerfGE 20, 56 (95 f.)).

Mit Rücksicht auf die Eigenstaatlichkeit der Länder und deren Finanz- und Haushaltsautonomie (Art. 109 I) ist der Aufgabenkreis des BRH in föderaler Hinsicht von der Zuständigkeit der Landesrechnungshöfe abzugrenzen (BVerfGE 127, 165 ff.; Schwarz DVBl 2011, 135 ff.; MKS/Schwarz Art. 114 Rn. 56 ff.; Gröpl/Schwarz BHO § 91 Rn. 7 ff.; BK/Engels Art. 114 Rn. 207 ff.). Die verfassungsunmittelbare Prüfungskompetenz des BRH beschränkt sich auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes; die Föderalismusreform III (Vor Art. 104a Rn. 4) hat dies durch die Einfügung der Worte „des Bundes“ in Abs. 2 S. 1 (deklaratorisch) klargestellt (BT-Drs. 18/12588, 34). Die Kontrollkompetenz des BRH knüpft nicht an die Finanzierungsverantwortung, sondern an die Verwaltungskompetenz an (BVerfG NVwZ 2015, 136 (150)). Dessen ungeachtet können dem BRH gem. Abs. 2 S. 4 (Rn. 18) weitere Aufgaben zugewiesen werden, wovon bereits vor der Föderalismusreform III vor allem in § 91 BHO Gebrauch gemacht worden ist. Insbes. die Erhebungsrechte des BRH bei nachgeordneten mittelverwaltenden Stellen der Länder waren vor der Neuregelung umstr. (BT-Drs. 18/12588, 34). Unstreitig handelt es sich dabei aber nicht um eine Prüfung der Landesverwaltung, sondern allein um die Durchführung von Erhebungen bei ihr, um so zu ermitteln, ob die Bundesexekutive ordnungsgemäß gehandelt hat (BK/Engels Art. 114 Rn. 210).

Hieran hat sich auch durch die Einfügung des Abs. 2 S. 2 im Rahmen der Föderalismusreform III nichts geändert. Der Kreis der Prüfungsadressaten wird nicht verändert (Sachs/Siekmann Art. 114 Rn. 55). Die Neuregelung erlaubt gerade nicht allg. jede Prüfungstätigkeit außerhalb der Bundesverwaltung, sondern ist auf Erhebungen zum Zweck der Prüfung nach S. 1, dh der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes beschränkt. Durch die Ergänzung werden die zuvor nur einfachgesetzlich (§§ 91 I, 104 BHO) eingeräumten Befugnisse des BRH verfassungsrechtlich abgesichert (BeckOK GG/Butzer Art. 114 Rn. 30).

Stellen außerhalb der Bundesverwaltung sind alle Stellen, die nicht zur unmittelbaren Verwaltung des Bundes gehören (BT-Drs. 18/12588, 34). Die Regelung wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erweitert. Der Gesetzentwurf beschränkte sich ursprünglich auf den Bereich der Mischfinanzierungen (Art. 91a, 91b, 104b, 104c und 125c; BT-Drs. 18/11131, 19). Nunmehr zählen zu den Stellen außerhalb der Verwaltung des Bundes alle Stellen, die Mittel aus dem Bundeshaushalt erhalten bzw. verwalten oder Einnahmen erheben, die ganz oder teilweise dem Bundeshaushalt zufließen (BT-Drs. 18/12588, 34). Dies können juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der Länder, landesunmittelbare juristische Personen einschließlich der Kommunen, aber auch natürliche und juristische Personen des Privatrechts sein (zur Prüfung bundesunmittelbarer Sozialversicherungsträger BVerwGE 172, 306 (316 f.)). Erfasst sind somit insbes. auch Kostenerstattungen nach Art. 104a III und Zuweisungen nach Art. 106a, 143c (BT-Drs. 18/12588, 34).

Im Bereich des Art. 84 steht dem BRH keine Befugnis zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu. Abweichendes gilt für Art. 85, bei dem der BRH zu prüfen hat, ob die BReg ihre Pflichten nach Art. 85 III, IV erfüllt hat. Bei den Gemeinschaftsaufgaben kann geprüft werden, ob die Bundesmittel zur Finanzierung von Aufgaben eingesetzt wurden, die Gegenstände einer Gemeinschaftsaufgabe sein können (Schwarz DVBl 2011, 138). Dementsprechend kann der BRH bei Optionskommunen gem. § 6b III SGB II die Leistungsgewährung prüfen (BVerfG NVwZ 2015, 136 (150)).

Einschränkungen der Prüfungsbefugnisse können sich aus grundrechtlich und anderen besonders verfassungsrechtlich geschützten Positionen ergeben. Hierzu zählen etwa die Programmgestaltungsfreiheit für Rundfunkanstalten (Art. 5 I 2; →  Art. 5 Rn. 22), der exekutive Kernbereich oder die richterliche Unabhängigkeit, die allein eine Kontrolle der Gerichtsverwaltung zulässt (BeckOK GG/Butzer Art. 114 Rn. 20.1; zur Prüfung der Industrie- und Handelskammern durch die Landesrechnungshöfe s. BVerwGE 135, 100 ff.). Einschränkungen können sich auch aus Freiheitsrechten Privater ergeben (BeckOK GG/Butzer Art. 114 Rn. 32; speziell zum Datenschutz Martini/Kienle VERW 52 (2019), 467).

Der Prüfungsmaßstab der Wirtschaftlichkeit bezieht sich sowohl auf die Effektivität, dh den Wirkungsgrad, als auch auf die Effizienz staatlichen Handelns, dh die Relation zwischen Aufwand und Nutzen, mit dem Ziel der Nutzenmaximierung bei gleichbleibenden Kosten (Maximalprinzip) oder der Kostenminimierung bei gleichbleibendem Nutzen ( Minimalprinzip; BeckOK GG/Butzer Art. 114 Rn. 17). Abzugrenzen ist die Wirtschaftlichkeitskontrolle von der Fachaufsicht (BSGE 52, 294 (297 ff.)), aber auch von einer rein politischen Kontrolle (Sachs/Siekmann Art. 114 Rn. 29). Der Prüfungsmaßstab der Ordnungsgemäßheit erstreckt sich auf die rechnerische Richtigkeit und die Rechtmäßigkeit finanzwirtschaftlicher Vorgänge, einschließlich der „Verfassungskontrolle“, dh der Prüfung, ob der Haushaltsplan eingehalten worden ist (BVerfGE 20, 56 (95 f.)). Ihm steht aber keine Kompetenz zur verbindlichen Feststellung der Verfassungswidrigkeit der von ihm überprüften Maßnahmen, sondern allein ein Beanstandungsrecht zu (OVG Koblenz BeckRS 2019, 30363 Rn. 109). Nicht umfasst ist auch eine allg. Rechtsaufsicht (Sachs/Siekmann Art. 114 Rn. 29; aA Dreier/Heun/Thiele Art. 114 Rn. 28).

3. Berichterstattung (Abs. 2 S. 3)

Nach Abs. 2 S. 3 hat der BRH der BReg, dem BT und dem BR unmittelbar über das Ergebnis der Rechnungsprüfung und der rechnungsunabhängigen Finanzkontrolle Bericht zu erstatten (Sachs/Siekmann Art. 114 Rn. 16). Damit unterstützt der BRH zum einen den BT und den BR bei der Prüfung nach Abs. 1, dient darüber hinaus aber auch der internen Verwaltungskontrolle (BK/Engels Art. 114 Rn. 147). Die Prüftätigkeit und die Berichterstattungspflicht des BRH sollen gewährleisten, dass BTag und BRat über die erforderlichen Informationen verfügen, um die Aufgabe der Finanzkontrolle effektiv ausüben zu können (BVerwGE 172, 306 (310 f.)).

Der Bericht (§ 97 BHO) – traditionell als Bemerkungen bezeichnet – muss umfassend sein. Aufzunehmen sind alle Feststellungen, die für die künftige Veranschlagung, Bewilligung und Bewirtschaftung der Mittel relevant sein können (Sachs/Siekmann Art. 114 Rn. 16a). Rechtliche Auswirkungen auf die kontrollierten Akte und Behörden sind mit dem Bericht nicht verbunden (BVerfGE 20, 56 (95 f.)). In die Bemerkungen können Feststellungen auch über spätere oder frühere Haushaltsjahre aufgenommen werden (§ 97 III BHO). Eine Veröffentlichung des Berichts ist verfassungsrechtlich weder vorgeschrieben noch untersagt; insbes. können Grundrechte Dritter entgegenstehen (MKS/Schwarz Art. 114 Rn. 102), sodass es einer gesetzlichen Grundlage bedarf (v. Münch/Kunig/Heintzen Art. 114 Rn. 39). Diese wurde mit § 97 V BHO geschaffen. Der Rechtsschutz Dritter obliegt der Verwaltungsgerichtsbarkeit (BVerfGE 74, 69 (75 f.)). Rechtsgrundlage für Widerrufs- und Richtigstellungsansprüche ist der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch, subjektive Rechtsposition kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht sein. Die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht und der effektiven Aufgabenerfüllung des BRH hat sich an den Grundsätzen für die Rechtmäßigkeit amtlicher Äußerungen zu orientieren (BVerwGE 176, 19 (23, 29)). Ein Widerruf oder eine Richtigstellung von Werturteilen kann nicht verlangt werden. Wenn der BRH im Zeitpunkt der Erstellung des Berichts unrichtige Tatsachen für wahr halten durfte, kann deren Widerruf und Richtigstellung nicht verlangt werden (BVerwGE 176, 19 (34)). Deshalb muss der Beteiligung der Betroffenen besondere Bedeutung zukommen (BVerwGE 176, 19 (34 f.)).

4. Regelungsermächtigung und Befugniserweiterung (Abs. 2 S. 4)

Die Regelungsermächtigung des Abs. 2 S. 4 deckt die Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Befugnisse des BRH, erlaubt aber nicht, die Erfüllung seiner verfassungsrechtlich notwendigen Aufgaben durch einfaches Gesetz zu beschränken (MKS/Schwarz Art. 114 Rn. 128). Darüber hinaus können dem BRH weitere Befugnisse zugewiesen werden, sofern diese mit seinen verfassungsrechtlich vorgesehenen Aufgaben und Befugnissen in einem sachlichen Zusammenhang stehen (DHS/Kube Art. 114 Rn. 139 ff.; BVerwGE 139, 87 (105)). Dabei sind ungeachtet des Grundsatzes der Vermeidung prüfungsfreier Räume (Rn. 5) die Grenzen zu beachten, die sich aus der Eigenstaatlichkeit der Länder und der Eigenverantwortlichkeit ihrer Haushaltswirtschaft ergeben (Rn. 10). Dies gilt umso mehr, als Abs. 2 S. 4 kein Zustimmungserfordernis des BRats kennt (BVerfGE 127, 165 (212)). Organisations- und Verfahrensregeln des BRH sind einfachgesetzlich im BRHG (zul. geänd. durch Gesetz v. 5.2.2009, BGBl. I 160), Aufgaben und Befugnisse in §§ 88 ff. BHO sowie in verschiedenen Spezialgesetzen geregelt (Nachw. bei BK/Engels Art. 114 Rn. 145 Fn. 233). Zu den zugewiesenen Aufgaben gehören zB die Prüfung von selbstständigen juristischen Personen des Bundes (§§ 53–55 HGrG), die Prüfung öffentlicher Unternehmen oder eine Kontrolle privater Zuwendungsempfänger (BVerwGE 104, 20 ff.; 74, 58 (61)). Unbedenklich ist auch die Prüfung von Verbänden der Sozialversicherungsträger nach § 112 I 2 BHO (BVerwGE 139, 87 (150 f.)).