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Artikel 78 [Zustandekommen von Bundesgesetzen]

Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande, wenn der Bundesrat zustimmt, den Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 nicht stellt, innerhalb der Frist des Artikels 77 Absatz 3 keinen Einspruch einlegt oder ihn zurücknimmt oder wenn der Einspruch vom Bundestage überstimmt wird.

I. Allgemeines

Art. 78 regelt die Voraussetzungen und den Zeitpunkt für das Zustandekommen eines Gesetzes. Dabei zählt er die sich aus Art. 77 ergebenden Alternativen auf. Zustandekommen bedeutet das Ende des Gesetzgebungsverfahrens in BTag und BRat. Damit steht das Gesetz nach dem Grundsatz der absoluten Unverrückbarkeit des parlamentarischen Votums unabänderbar fest. Allein offensichtliche Unrichtigkeiten und Druckfehler dürfen nach dem Zustandekommen noch korrigiert werden (Art. 77 Rn. 5). Mit dem Zustandekommen erlangt ein Gesetz seine Ausfertigungsreife (Art. 82 Rn. 4). Für den Fall des Gesetzgebungsnotstandes enthält Art. 81 II Sonderregelungen für das Zustandekommen von Gesetzen (Art. 81 Rn. 6).

Da der Grundsatz der sachlichen Diskontinuität (Art. 39 Rn. 3) für den BR nicht gilt, kann dieser alle für das Zustandekommen eines Gesetzes erforderlichen Beschlüsse auch nach dem Ende der Wahlperiode des BTags treffen.

Art. 78 führt fünf der sechs anerkannten Varianten des Zustandekommens von Gesetzen auf. Dabei ist zwischen Zustimmungsgesetzen und Einspruchsgesetzen zu unterscheiden. Die erste Variante gilt für Zustimmungsgesetze, die übrigen vier Varianten erfassen Einspruchsgesetze.

II. Zustandekommen von Zustimmungsgesetzen

Nach Art. 78 Var. 1 kommt ein Zustimmungsgesetz nur zustande, wenn der BR nach Art. 77 IIa ausdrücklich seine Zustimmung erteilt. Es ist grds. unzulässig, andere Akte des BRats in eine Zustimmung umzudeuten. Insbes. kann ein Beschluss, den Vermittlungsausschuss nicht einzuberufen, nicht als Zustimmung gewertet werden (BVerfGE 8, 274 (296 f.)). Etwas anderes soll nach der Rspr. des BVerfG jedoch gelten, wenn besondere Umstände bei der Beratung und Beschlussfassung eindeutig erkennen lassen, dass der BR das Zustandekommen des Gesetzes gewollt hat (BVerfGE 8, 274 (297)). So kann bspw. ein Beschluss, mit dem die Versagung der Zustimmung abgelehnt wird, als Zustimmung gedeutet werden (BVerfGE 28, 66 (82)).

III. Zustandekommen von Einspruchsgesetzen

Art. 78 Var. 2–5 betreffen ausschließlich Einspruchsgesetze. Ein Einspruchsgesetz kommt zustande, wenn der BR einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gem. Art. 77 II 1 nicht fristgerecht stellt (Art. 78 Var. 2). Da es sich bei der Dreiwochenfrist um eine Ausschlussfrist handelt (Art. 77 Rn. 7), ist ein Einspruch des BRats, der das Durchlaufen des Vermittlungsausschussverfahrens voraussetzt, nach Ablauf der Frist nicht mehr möglich.

Nicht in Art. 78 aufgeführt ist die Variante, bei welcher der BR einen einmal gestellten Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses wieder zurücknimmt. Die Möglichkeit der Rücknahme eines Einberufungsbegehrens ist allg. anerkannt (vgl. BK/Kokott Art. 78 Rn. 31; MKS/Masing Art. 78 Rn. 10). Wird ein Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses zurückgenommen, kommt ein Gesetz gleichfalls zustande.

Weiterhin kommt ein Gesetz zustande, wenn der BR innerhalb der Frist des Art. 77 III keinen Einspruch einlegt (Art. 78 Var. 3). Auch bei der Zweiwochenfrist nach Art. 77 III 1 handelt es sich um eine Ausschlussfrist, so dass ein nach Ablauf erhobener Einspruch rechtlich unbeachtlich ist (Art. 77 Rn. 18).

Nimmt der BRat einen einmal eingelegten Einspruch zurück, führt dies ebenfalls zum Zustandekommen eines Gesetzes (Art. 78 Var. 4). Ein Einspruch kann bis zur Beschlussfassung des BTags über die Zurückweisung (Art. 77 IV) jederzeit zurückgenommen werden.

Letztlich führt auch die Zurückweisung eines Einspruchs durch den BTag nach Art. 77 IV zum Zustandekommen eines Gesetzes (Art. 78 Var. 5).