Zum Grundgesetz
Was bedeutet das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland?
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) wurde am 23. Mai 1949 verkündet. Erarbeitet wurde es von dem Parlamentarischen Rat in den Jahren 1948 und 1949, dem es lediglich darum ging, ein Provisorium zu schaffen. Die ursprüngliche „Einführung“ des Grundgesetzes, die Präambel, zeigte, dass dem staatlichen Leben eine vorübergehende neue Ordnung gegeben werden sollte. Die einstige Präambel wurde nach der friedlichen Revolution in der DDR und der Wiedervereinigung geändert. Seither besagt sie, dass die Deutschen in den im Einzelnen genannten Ländern „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet“ haben. Daher „gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk“, so auch Art. 146 GG. Das zunächst als westdeutsche Übergangsregelung ausgearbeitete Grundgesetz entwickelte sich zu einer Dauerverfassung und wurde schließlich die gesamtdeutsche Verfassung.
Diese Entwicklung ist die bedeutendste des Grundgesetzes in den vergangenen 75 Jahren. Ihre Weiterentwicklung ändert nichts daran, dass dieser Prozess insgesamt als verfassungsrechtliche Kontinuität angesehen werden kann. Das Grundgesetz selbst verlangt diese Kontinuität in Art. 79 Abs. 3. Dieser Artikel besagt, dass jede Änderung, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Art. 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, unzulässig ist. Man spricht daher in diesem Zusammenhang auch von der sog. „Ewigkeitsgarantie“. An eine zulässige Änderung des Grundgesetzes stellt Art. 79 Abs. 2 hohe Anforderungen. Sie ist nur durch ein Gesetz möglich, dem zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages und zwei Drittel der Stimmen des Bundesrates zustimmen.
Mehrfach ist es seit Verkündung des Grundgesetzes zu Verfassungsänderungen gekommen, die den Grundrechtsteil betreffen und mit denen der Verfassungsgeber auf neue Herausforderungen reagieren wollte. Doch zu einer grundlegenden Umgestaltung des Grundgesetzes gab und gibt es keinen Anlass. Denn es kann für sich beanspruchen, die “freiheitlichste, stabilste und erfolgreichste Verfassung“ in der Geschichte Deutschlands zu sein (Depenheuer, Die Politische Meinung, Nr. 460 v. März 2008, 15).
(Dieser Abschnitt wurde in Anlehnung an das Vorwort zur Neuauflage des Sodan, Grundgesetz, 5. Aufl. 2024 von Prof. Dr. Helge Sodan verfasst)
Wie ist das Grundgesetz aufgebaut?
Das Grundgesetz besteht aus den Artikeln 1 bis 146 (mit über die Zeit neu dazugekommenen Artikeln sind es insgesamt über 200 Artikel), die in 11 Abschnitte untergliedert sind.
Im ersten Abschnitt I (Art. 1 bis 19) werden die Grundrechte thematisiert, die mit ihrem zentralen Art. 1 eingeleitet werden. Er besagt in Absatz 1, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Weitere Grundrechte, die im Folgenden verankert sind, sind etwa der allgemeine Gleichheitssatz, die Meinungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit sowie die Berufsfreiheit.
Abschnitt II (Art. 20 bis 37) befasst sich mit dem Zusammenspiel zwischen dem Bund und den Ländern, etwa mit der Verteilung ihrer Kompetenzen untereinander, aber auch mit den Außenbeziehungen der Bundesrepublik Deutschland.
Eine Regelung des Abschnitts II, Art. 23 GG, behandelt die Rolle der Bundesrepublik Deutschland als Mitglied in der Europäischen Union. Als solches verpflichtet sie sich, die Entwicklung der EU mitzugestalten. Sie kann Hoheitsrechte, die sie als Staat hat, an die EU übertragen. Dies ist aber nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Bereiche, in denen die EU neben den Mitgliedstaaten zuständig ist, sind etwa der Verbraucherschutz und Verkehr.
Die Abschnitte III bis inkl. VI (Art. 38 bis 69) gehen detailliert auf die Zusammensetzung, Funktionen und Arbeitsweisen von Bundestag, Bundesrat, Gemeinsamem Ausschuss und Bundesregierung ein.
In Art. 54 und den folgenden Regelungen ist verankert, wie der Bundespräsident gewählt wird, welche Rechte und welche Pflichten er hat. Der Bundespräsident vertritt zB die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich und schließt Verträge mit anderen Staaten ab. Er ernennt und entlässt auch grundsätzlich die Bundesrichter, Bundesbeamten, Offiziere und Unteroffiziere.
Die Gesetzgebung des Bundes wird eingehend in Abschnitt VII (Art. 70 bis 82) erklärt. Es gibt eine sog. ausschließliche Gesetzgebungskompetenz und eine sog. konkurrierende. In Bereichen, in denen der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz hat, können die Länder nur gesetzgeberisch tätig werden, wenn ein Bundesgesetz sie dazu ausdrücklich ermächtigt, Art. 71 GG.
Bei der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz hingegen, die in Art. 72 GG beschrieben ist, haben die Länder die Befugnis Gesetze zu erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Dies ist aber nur der Grundsatz, bei der konkurrierenden Gesetzgebung gibt es viele Unterfälle. Beispiele für die konkurrierende Gesetzgebung sind etwa das Vereinsrecht, Angelegenheiten von Geflüchteten und Vertriebenen sowie der Naturschutz und die Landschaftspflege.
Wie die Bundesgesetze ausgeführt werden und wie die Bundesverwaltung funktioniert, ist in Abschnitt VIII (Art. 83 bis 91) nachzulesen. Einige Aufgaben werden als Gemeinschaftsaufgaben oder in Verwaltungszusammenarbeit wahrgenommen, worauf Abschnitt VIIIa (Art. 91a bis 91e) näher eingeht. Unter einer Gemeinschaftsaufgabe fasst Art. 91a Abs. 1 GG jene Aufgaben, für deren Erfüllung die Länder zuständig sind, der Bund aber mitwirkt, wenn diese für die Gesamtheit bedeutsam sind und die Mitwirkung des Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich ist. Darunter fällt etwa die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur sowie die Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes aber auch die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre bei Sachverhalten von überregionaler Bedeutung.
Die Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichts, seine Zuständigkeiten sowie die Pflichten der Richterinnen und Richtern, sind nur einige Themen, die in Abschnitt IX (Art. 92 bis 104) beleuchtet werden.
Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts werden gewählt, und zwar je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat.
In Abschnitt X (Art. 104a bis 115) werden das Finanzwesen und in Abschnitt Xa (Art. 115a bis 115l) der Verteidigungsfall geregelt. Der Abschnitt Finanzwesen enthält Vorschriften zum Haushaltsplan, zur Kreditbeschaffung und zur Lastenverteilung zwischen Bund und den Ländern. In Abschnitt Xa wird zunächst festgehalten, wann ein Verteidigungsfall vorliegt und im Folgenden, wer die Kommando- und Befehlsgewalt innehat.
Das Grundgesetz schließt ab mit den Übergangs- und Schlussbestimmungen in Abschnitt XI (Art. 116 bis 146).