Artikel 76 [Gesetzesvorlagen]
(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht.
(2) 1 Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. 2 Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. 3 Verlangt er aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. 4 Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder, wenn der Bundesrat ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen dem Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich nach Eingang dem Bundestag nachzureichen. 5 Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.
(3) 1 Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. 2 Sie soll hierbei ihre Auffassung darlegen. 3 Verlangt sie aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. 4 Wenn der Bundesrat eine Vorlage ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, beträgt die Frist drei Wochen oder, wenn die Bundesregierung ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, sechs Wochen. 5 Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. 6 Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen.
I. Allgemeines
Diese Bestimmung regelt, wer zur Einbringung von Gesetzentwürfen berechtigt ist, wer Adressat solcher Vorlagen ist, und regelt für Initiativen der BReg und des BRats die einzelnen Verfahrensschritte bis zur Zuleitung eines Entwurfs an den BT. Art. 76 gilt nur für die Bundesgesetzgebung und hier nur für das Verfahren zum Erlass formeller Gesetze durch den BT, nicht hingegen für den Erlass von RVOen durch die BReg.
II. Gesetzesinitiativrecht
1. Träger des Initiativrechts
Träger des Initiativrechts sind die BReg, die Mitglieder des BTags und der BR. Diese Aufzählung ist abschließend; insbes. kennt das GG – anders als einige Landesverfassungen (vgl. etwa Art. 59 I BWVerf.; Art. 71 BayVerf.; Art. 108 RhPfVerf.) – keine Gesetzesinitiative durch Volksbegehren. Kein Recht zur Gesetzesinitiative besitzt der Vermittlungsausschuss, dessen Aufgabe allein darin besteht, zwischen zuvor parlamentarisch beratenen Regelungsalternativen zu vermitteln (BVerfGE 101, 297 (306); 125, 104 (122); 150, 204 (229); Art. 77 Rn. 7 ff.). Sein Vermittlungsvorschlag ist deshalb inhaltlich und formal an den durch den BTag vorgegebenen Rahmen gebunden (BVerfGE 150, 204 (230)). Ansonsten würde der Vermittlungsausschuss sich ein nicht im GG vorgesehenes Initiativrecht anmaßen.
a) …BReg…
Vorlagen der BReg müssen vom Kabinett als Kollegium (Art. 62) beschlossen werden (§ 15 I lit. a GOBReg). Dabei müssen alle Mitglieder des Kabinetts Gelegenheit zur Mitwirkung an der Entscheidung erhalten haben, eine hinreichende Zahl von ihnen muss am Beschlussverfahren teilgenommen haben und eine Mehrheit von diesen muss der Vorlage zugestimmt haben (BVerfGE 91, 148 (166)). Einzelne Minister besitzen kein Gesetzesinitiativrecht.
b) …Mitte des BTags…
Da Vorlagen nicht vom BTag als solchem eingebracht werden dürfen (BVerfGE 1, 144 (153)), sondern nur aus der Mitte des BTags, steht das Initiativrecht den Abgeordneten zu. Art. 76 I sagt nichts darüber aus, ob bereits ein einzelner Abgeordneter berechtigt sein soll, einen Gesetzentwurf einzubringen oder ob diese Befugnis nur einer Gruppierung des BTags zustehen soll. Die GOBTag sieht in § 76 I vor, dass Gesetzesvorlagen nur von einer Fraktion oder von mindestens 5 % der Mitglieder des BTags eingebracht werden dürfen. Ob diese Beschränkung des Initiativrechts verfassungsgemäß ist, ist umstr. Teilweise wird auf die Wahrung der Funktionsfähigkeit des BTags abgestellt oder auf anderweitig geregelte Quoren für die Ausübung bestimmter Rechte, etwa des Rechts, die Einsetzung eines UA gem. Art. 44 I 1 zu verlangen (Sachs/Mann Art. 76 Rn. 10), um diese Regelung zu rechtfertigen. Richtig erscheint es jedenfalls, einem einzelnen Abgeordneten kein Initiativrecht zuzuerkennen, da der BTag von einer Befassung mit Vorlagen entlastet werden sollte, für die bereits im Entwurfsstadium keine weitere Unterstützung aus Reihen des BTags gefunden werden konnte (MKS/Masing/Risse Art. 76 Rn. 44). Die Regelung des § 76 I GOBTag lehnt sich systematisch an die 5 %-Sperrklausel des Wahlrechts an (vgl. § 6 VI BWG). Es liegt daher nahe, dass die Kriterien, die das BVerfG in seiner jüngsten Rspr. zum Wahlrecht an den Rechtfertigungsgrund der Erhaltung der Funktionsfähigkeit von Volksvertretungen aufgestellt hat, im Rahmen von Art. 76 I Bedeutung gewinnen. Danach muss eine mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit zu erwarten sein, um eine Beschränkung zu rechtfertigen (BVerfGE 120, 82 (114)). Diese Gefahr ist im Falle der befürchteten Überlastung des BTags durch eine unüberschaubare Vielzahl von Gesetzesvorlagen kleinerer Abgeordnetengruppen kaum zu sehen.
c) …BRat…
Anders als dem BTat steht dem BRat die Initiativbefugnis nur als Gesamtorgan zu (v. Münch/Kunig/Bryde Art. 76 Rn. 25). BRats-Vorlagen bedürfen eines Beschlusses gem. Art. 52 III 1. Einzelne BRats-Mitglieder, Landesregierungen oder Landesminister besitzen kein Initiativrecht.
d) …gleichlautende…
Die Initiativberechtigten können ihre Befugnis unabhängig voneinander ausüben und mehrere gleichlautende oder sich widersprechende Gesetzesvorlagen einbringen. Unzulässig ist hingegen, gleichlautende Vorlagen verschiedener Initiativberechtigter zu einer gemeinsamen Vorlage zu verbinden (Friauf/Höfling/Hebeler Art. 76 Rn. 45).
e) …Einengung des Kreises…
Eine Einengung des Kreises der Initiativberechtigten besteht im Fall des Haushaltsgesetzes gem. Art. 110. Zum einen gehört die Aufstellung des Haushalts zum Kernbereich der Aufgaben der Exekutive, zum anderen bestimmt Art. 110 III, dass Vorlagen zum Haushaltsgesetz mit der Zuleitung an den BRat beim BTag eingebracht werden müssen, also nur von der BReg stammen können. Entsprechendes gilt für Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen gem. Art. 59 II 1 (aA MKS/Masing/Risse Art. 76 Rn. 54 f.; offengelassen BVerfGE 68, 1 (66)). Auch hier steht das Initiativrecht nur der BReg zu aufgrund ihrer außenpolitischen Prärogative und der Tatsache, dass es die Exekutive ist, die den Inhalt völkerrechtlicher Verträge aushandelt.
2. Gegenstand des Initiativrechts
Eingebracht werden können nach Art. 76 Gesetzesvorlagen. Es muss sich dabei formal um einen schriftlichen Entwurf für einen Gesetzesbeschluss des BTags handeln, der den dahinter stehenden Initianten erkennen lässt. Art. 76 gilt weder für Vorlagen zu schlichten Parlamentsbeschlüssen noch für Vorlagen zu sonstigen – auch rechtlich verbindlichen – Entscheidungen des BTags. Art. 76 sagt nichts darüber aus, welchen Inhalt eine Gesetzesvorlage haben darf. Insbes. verlangt Art. 76 nicht, dass eine Gesetzesvorlage mit einer Begründung zu versehen ist. Eine Begründungspflicht kann jedoch aus anderen grundgesetzlichen Bestimmungen folgen. So ergibt sich etwa aus Art. 115 I 2 Hs. 2 eine Darlegungslast, die eine Begründung notwendig macht (BVerfGE 79, 311 (343 ff.). Inhaltliche Schranken des Initiativrechts normiert Art. 76 ebenfalls nicht, aber auch sie können sich aus anderen Bestimmungen des GG ergeben (BVerfGE 1, 144 (153)).
3. Adressat von Gesetzesinitiativen
Adressat sämtlicher Gesetzesvorlagen ist der BTag (BVerfGE 1, 144 (152)). Nach erfolgter Einbringung hat der BTag über die Gesetzesvorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluss zu fassen (BVerfGE 84, 304 (329); 112, 363 (366); 145, 348 (358); Rn. 19).
III. Verfahren bei Regierungsvorlagen
1. Zuleitung an den Bundesrat
Gesetzesvorlagen der BReg sind nicht unmittelbar dem BTag, sondern zunächst gem. Art. 76 II 1 dem BRat zuzuleiten, der in einem sog. ersten Durchgang Gelegenheit zur Stellungnahme erhält. Art. 110 III enthält insoweit eine Spezialregelung, wonach Vorlagen für Haushaltsgesetze gleichzeitig dem BR und dem BTag zuzuleiten sind (Art. 110 Rn. 12). Für die Stellungnahme des BRats ist keine bestimmte Form festgelegt. Jedoch ist gem. Art. 52 III 1 ein Beschluss mit der Mehrheit der Stimmen des BRats erforderlich. Die Stellungnahme bindet weder den BRat selbst im weiteren Verfahren noch andere am Gesetzgebungsverfahren beteiligte Organe. Eine Stellungnahme des Inhalts, es handele sich um eine Vorlage für ein Gesetz, welches der Zustimmung des BRats bedürfe, ist rechtlich unverbindlich (BVerfGE 3, 12 (17)).
Der BR ist zur Stellungnahme berechtigt, aber zu einer Äußerung nicht verpflichtet. Er kann daher von einer Stellungnahme auch absehen. Eine Nichtzuleitung von Regierungsvorlagen an den BR im ersten Durchgang führt jedoch zur Rechtswidrigkeit des Gesetzgebungsverfahrens. Umstr. ist, ob die von der BReg teilweise geübte Praxis, Regierungsinitiativen durch BTags-Abgeordnete oder Fraktionen einbringen zu lassen, verfassungsgemäß ist, da hierin eine Umgehung des Befassungsrechts des BRats im ersten Durchgang liegt. Dies wird überwiegend für unbedenklich gehalten, da allein auf den formellen Initianten abzustellen sei und der BR im weiteren Gesetzgebungsverfahren ohnehin noch mit der Vorlage befasst werde (vgl. etwa HStR V/Ossenbühl § 102 Rn. 24; BK/Brüning Art. 76 Rn. 190). Dies vermag letztlich nicht zu überzeugen, da dadurch die in Art. 76 II getroffene Entscheidung der Verfassung zugunsten einer frühzeitigen Befassung des BRats regelmäßig unterlaufen werden könnte (Sachs/Mann Art. 76 Rn. 26). Ist daher feststellbar, dass eine Gesetzvorlage, die zuvor vom Kabinett beschlossen worden war, an Abgeordnete oder Fraktionen weitergereicht wurde, um sie bewusst unter Umgehung der Rechte des BRats aus der Mitte des BTags einzubringen, liegt ein Verfassungsverstoß vor.
2. Fristen für die Bundesratsstellungnahme
Die Befugnis des BRats zur Stellungnahme ist fristgebunden. Die Regelfrist beträgt gem. Art. 76 II 2 sechs Wochen ab Eingang der Gesetzesvorlage beim BR. Die Frist ist gewahrt, wenn die BRats-Stellungnahme vor Fristende bei der BReg eingeht (Dreier/Brosius-Gersdorf Art. 76 Rn. 71; aA v. Münch/Kunig/Bryde Art. 76 Rn. 28 – Beschlussfassung vor Fristende). Eine verspätete Stellungnahme ist unschädlich; eine Fristversäumnis macht das Gesetzgebungsverfahren nicht rechtswidrig.
Aus wichtigem Grund kann der BR nach Art. 76 II 3 eine Fristverlängerung geltend machen. Dabei unterliegt es grds. seiner Einschätzung, ob ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher kann etwa aufgrund des Umfangs der Vorlage, der Schwierigkeit oder der Bedeutsamkeit der behandelten Materie anzunehmen sein. Die Frist verlängert sich dann auf neun Wochen. Ohne dass der BR dies geltend machen müsste, beträgt die Frist bei Vorlagen zur Änderung des GG und bei Vorlagen zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Art. 23 oder Art. 24 ebenfalls neun Wochen (Art. 76 II 5 Hs. 1). Dies liegt in der besonderen politischen oder verfassungsrechtlichen Tragweite derartiger Vorlagen begründet.
Die BReg kann – außer im Falle von Grundgesetzänderungen und Übertragungen von Hoheitsrechten (Art. 76 II 5 Hs. 2) – eine Vorlage ausnahmsweise bei Zuleitung an den BR als besonders eilbedürftig bezeichnen und eine Fristverkürzung erreichen (Art. 76 II 4). Die Einschätzung der Eilbedürftigkeit obliegt der BReg. Sie kann sich etwa aus der Notwendigkeit ergeben, Fristen zu wahren, die sich aus der Rspr. des BVerfG oder aus europarechtlichen Vorgaben (Richtlinienumsetzung) ergeben. Die verkürzte Frist beträgt drei Wochen; macht der BR eine Fristverlängerung nach Art. 76 II 3 geltend, sechs Wochen.
3. Weiterleitung an den Bundestag
Nach dem ersten Durchgang beim BRat liegt es im Ermessen der BReg, ob sie ihre Gesetzesvorlage zurückzieht, ändert oder an den BTag weiterleitet. Ändert sie ihren Entwurf, ist der erste Durchgang erneut durchzuführen, es sei denn, die Änderungen stimmen sämtlich mit der Stellungnahme des BRats überein (Sachs/Mann Art. 76 Rn. 21; aA BK/Brüning Art. 76 Rn. 212). Leitet sie die Vorlage an den BTag weiter, ist die Stellungnahme des BRats beizufügen; ggf. ist eine verspätete Stellungnahme nachzureichen (vgl. Art. 76 II 4 Hs. 2).
IV. Verfahren bei Bundesratsvorlagen
1. Zuleitung an die Bundesregierung
Vorlagen des BRats sind zunächst nach Art. 76 III 1 der BReg zuzuleiten, die ihrerseits Gelegenheit zur Stellungnahme erhält. Da es sich um eine Soll-Vorschrift handelt, kann die BReg durch Kabinettsbeschluss (vgl. § 57 GOBReg) auch von einer Äußerung absehen.
2. Fristen für die Stellungnahme der Bundesregierung
Auch hier beträgt die Regelfrist nach Art. 76 III 1 sechs Wochen, wobei verspätete Stellungnahmen nachgereicht werden können. Wie die Stellungnahmen des BRats bei Regierungsvorlagen sind die Stellungnahmen der BReg bei BRats-Vorlagen rechtlich unverbindlich. Aus wichtigem Grund, insbes. mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, kann die BReg eine Fristverlängerung auf neun Wochen beantragen (Art. 76 III 3). Eine Neunwochenfrist gilt nach Art. 76 III 5 Hs. 1 ebenfalls bei Vorlagen, die eine Grundgesetzänderung oder die Übertragung von Hoheitsrechten (Art. 23, 24) betreffen. Bezeichnet der BR eine Vorlage ausnahmsweise als besonders eilbedürftig, führt dies zu einer Fristverkürzung auf drei Wochen. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht im Falle von Grundgesetzänderungen und Übertragungen von Hoheitsrechten (Art. 76 III 5 Hs. 2) Macht die BReg eine Fristverlängerung nach Art. 76 III 3 geltend, beträgt die Frist für eilbedürftige Vorlagen sechs Wochen (Art. 76 III 4).
3. Weiterleitung an den Bundestag
Die BReg trifft, anders als bei ihren eigenen Vorlagen, die Pflicht zur Weiterleitung von BRats-Vorlagen innerhalb der jew. geltenden Fristen an den BT. Dies gilt selbst dann, wenn sie politische oder gar verfassungsrechtliche Bedenken gegen den BRats-Entwurf vorbringt. Ihre eigene Stellungnahme hat sie beizufügen, ggf. nachzureichen.
V. Befassungspflicht des Bundestages
Art. 76 III 6 stellt für BRats-Vorlagen klar, was aus dem Wesen des Gesetzesinitiativrechts ohnehin folgt. Der BTag hat über alle Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluss zu fassen (BVerfGE 1, 144 (153); 84, 304 (329); 112, 363 (366); 145, 348 (358)). Ein Umkehrschluss aus der ausdrücklichen Regelung für Vorlagen des BRats kann nicht gezogen werden. Soweit Art. 76 III 6 diese Pflicht ausdrücklich nur auf Gesetzesvorlagen des BRats bezieht, handelt es sich um die deklaratorische Feststellung einer gegenüber allen Initiativberechtigten gleichermaßen bestehenden Pflicht (BVerfGE 145, 348 (360)). Der Befassungsanspruch richtet sich gegen das Plenum des Bundestages. Ein Anspruch auf Befassung des zuständigen BT-Ausschusses ist daraus nicht ableitbar (BVerfGE 145, 348 (358 f.)). Die Angemessenheit der Frist ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls sowohl hinsichtlich des konkreten Gesetzentwurfs (Umfang, Komplexität, Dringlichkeit, Entscheidungsreife) als auch hinsichtlich weiterer die Arbeitsabläufe des Parlaments beeinflussender Faktoren (Bearbeitung sonstiger Gesetzesvorlagen oder anderer Parlamentsangelegenheiten) zu ermitteln (BVerfGE 145, 348 (361)). Von einer Verletzung des Befassungsanspruchs ist auszugehen, wenn die Beratung und Beschlussfassung eines Gesetzentwurfs ohne sachlichen Grund gänzlich oder auf unbestimmte Zeit verweigert wird (BVerfGE 1, 144 (153 f.); 145, 348 (361)).
VI. Rücknahme von Gesetzesvorlagen
Gesetzesvorlagen können vom Initianten bis zur Schlussabstimmung in der dritten Lesung des BTags zurückgenommen werden. Anderen Initiativberechtigten steht es jedoch frei, sich einen zurückgezogenen Gesetzentwurf zu eigen zu machen und erneut einzubringen.