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Artikel 45a [Ausschüsse für auswärtige Angelegenheiten und für Verteidigung]

(1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und einen Ausschuß für Verteidigung.

(2) 1 Der Ausschuß für Verteidigung hat auch die Rechte eines Untersuchungsausschusses. 2 Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder hat er die Pflicht, eine Angelegenheit zum Gegenstand seiner Untersuchung zu machen.

(3) Artikel 44 Abs. 1 findet auf dem Gebiet der Verteidigung keine Anwendung.

I. Bedeutung der Norm

Der mit der sog. Wehrverfassung (BGBl. 1956 I 111) ins GG eingefügte Art. 45a unterstützt die Tendenz zur verstärkten Parlamentarisierung der Willensbildung im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten (BVerfGE 68, 1 (85); 90, 286 (357)). Schon in Art. 35 WRV war ein Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten als ständiger Ausschuss vorgesehen, dessen Sitzungen aber grds. nichtöffentlich waren (Anschütz, Verfassung, 223 f.).

II. Einsetzungspflicht und Aufgaben der Ausschüsse

Art. 45a sieht den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und den Ausschuss für Verteidigung als ständige Pflichtausschüsse vor, die zu Beginn einer jeden Legislaturperiode einzurichten sind (Jarass/Pieroth/Jarass Art. 45a Rn. 1). Art. 45a schränkt damit die Geschäftsordnungsautonomie des BT unmittelbar ein. Beide Ausschüsse dürfen nicht aufgelöst oder vereinigt oder mit anderen Ausschüssen zusammengelegt werden (BK/Müller-Terpitz Art. 45a Rn. 29); gemeinsame Unterausschüsse dürfen sie aber einrichten (DHS/H. Klein Art. 45a Rn. 13). Ansonsten richten sich die Rechte und Befugnisse beider Ausschüsse nach den allg. Vorschriften der §§ 54 ff. GOBT. Zur temporären Einsetzung eines sog. Hauptausschusses seit der 18. WP, der zugleich als Ausschuss iSv Art. 45, 45a und 45c fungierte, vgl. Art. 45 Rn. 2.

Der Geschäftsbereich beider Ausschüsse ergibt sich nicht im Einzelnen aus der Verfassung, er deckt sich in der Praxis weitgehend mit den jew. Aufgabenbereichen des Außen- und des Verteidigungsministers (SHH/Kluth Art. 45a Rn. 3). Der Auswärtige Ausschuss erfüllt seine Aufgaben im Bereich der völkerrechtlichen Beziehungen Deutschlands zu anderen Völkerrechtssubjekten (BVerfGE 33, 52 (60); Sachs/Magiera Art. 45a Rn. 3 f.) mit Ausnahme der Angelegenheiten der EU, für die es einen eigenständigen Ausschuss gibt (Art. 45). Die auswärtigen Angelegenheiten, die den BT beschäftigen, erschöpfen sich nicht in den förmlichen int. Beziehungen; sie werden vielmehr zunehmend durch interparlamentarische Beziehungen ergänzt, die der BT zu anderen Parlamenten oder zu parlamentarischen Organen int. Organisationen (staatlicher wie nichtstaatlicher Art) pflegt. Im Rahmen dieses weiten Aufgabenfeldes des BT wird der Auswärtige Ausschuss maßgeblich beteiligt (BK/Müller-Terpitz Art. 45a Rn. 47 ff.). Der Verteidigungsausschuss ist lediglich für die militärische Verteidigung zuständig, nicht aber für die zivile Verteidigung und den Katastrophenschutz, die der Innenausschuss betreut (DHS/H. Klein Art. 45a Rn. 21 f.). Hingegen gehören zu seinem Geschäftsbereich alle mit dem Einsatz der Bundeswehr verbundenen Fragestellungen, auch im Rahmen von Verteidigungsbündnissen (BeckOK GG/Brocker Art. 45a Rn. 6). Beide Ausschüsse können in ihren jew. Bereichen grds. federführende Zuständigkeit beanspruchen. Ein Monopol besitzen sie aber nicht, vielmehr müssen sie Überschneidungen wegen originärer Zuständigkeiten anderer Fachausschüsse in benachbarten Politikfeldern hinnehmen.

III. Sonderregelungen für den Ausschuss für Verteidigung

Art. 45a II, III enthalten Sonderregelungen für den Verteidigungsausschuss. Dieser kann – als einziger Fachausschuss des BT – gem. Art. 45a II 1 jederzeit aus eigenem Entschluss und unbeschadet seiner sonstigen Zuständigkeiten die Rechte eines Untersuchungsausschusses (Art. 44) übernehmen (Dreier/Heun Art. 45a Rn. 8). In jüngeren Legislaturperioden ist der Verteidigungsausschuss mehrfach als Untersuchungsausschuss gem. Art. 45a II tätig geworden (vgl. zB BT-Drs. 17/7400; BT-Drs. 19/22400; näher DFGH SicherheitsR-HdB/Weingärtner § 52 Rn. 80). Durch Art. 45a II 2 ist die Minderheitsenquête garantiert. Aus Art. 45a III folgt, dass der BT keinen UA auf dem Gebiet der Verteidigung einsetzen darf, dass keine Pflicht zur öffentlichen Beweisaufnahme besteht und dass der BT dem Ausschuss für Verteidigung keinen Untersuchungsauftrag geben darf (BK/Müller-Terpitz Art. 45a Rn. 80; teilw. aA Friauf/Höfling/Krings Art. 45a Rn. 16). Daher finden §§ 1–3 PUAG für den Verteidigungsausschuss in Gestalt eines UA gem. § 34 I 3 PUAG auch nur entspr. Anwendung. Das Enquêtemonopol befreit den Ausschuss – vorbehaltlich des Geheimnisschutzes – aber nicht von seiner Berichtspflicht gegenüber dem Plenum (MKS/Unger Art. 45a Rn. 20; v. Münch/Kunig/Vasel Art. 45a Rn. 9); auch gilt es nicht für Fälle, in denen der Verteidigungsausschuss oder seine Mitglieder Untersuchungsgegenstand sind (Dreier/Heun Art. 45a Rn. 9).