Artikel 127 [Recht des Vereinigten Wirtschaftsgebietes]
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung der Regierungen der beteiligten Länder Recht der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, soweit es nach Artikel 124 oder 125 als Bundesrecht fortgilt, innerhalb eines Jahres nach Verkündung dieses Grundgesetzes in den Ländern Baden, Groß-Berlin, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern in Kraft setzen.
Diese Vorschrift ermöglichte es, den räumlichen Anwendungsbereich des von den Organen der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets gesetzten Rechts, welches nach Art. 124 oder Art. 125 als Bundesrecht fortgalt, durch RVO der BReg auf das Gebiet der französischen Besatzungszone (Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern) sowie auf Groß-Berlin zu erstrecken. Das Vereinigte Wirtschaftsgebiet, die so genannte „Bizone“, umfasste die amerikanische und die britische Besatzungszone.
Die Ermächtigung zur Inkraftsetzung bizonalen Rechts bezog sich auf die gesamte französische Besatzungszone, wobei der Verfassunggeber irrtümlich davon ausgegangen war, mit den Ländern Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern sie umfassend umschrieben zu haben (BK/Waldhoff Art. 127 Rn. 8). Über Art. 127 wurde Recht des Vereinigten Wirtschaftsgebiets daher auch in dem staatsrechtlich zu Bayern gehörenden Kreis Lindau, der Teil der französischen Besatzungszone war, in Kraft gesetzt (BVerfGE 15, 268 (269)). Eine Anwendung des Artikels auf Groß-Berlin scheiterte an den Berlin-Vorbehalten der Alliierten (BK/Waldhoff Art. 127 Rn. 9).
Die Ermächtigung, von der bis zu ihrem Erlöschen nach einem Jahr mit Ablauf des 23.5.1950 reger Gebrauch gemacht wurde (vgl. BGBl. 1950, 332), diente der raschen Herstellung der Rechtseinheit (BVerfGE 7, 330 (338)) in einem vereinfachten Verfahren, ohne ein förmliches Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene durchlaufen zu müssen und ohne an die Vorgaben des Art. 80 gebunden zu sein. Dem Bundesgesetzgeber blieb es gleichwohl unbenommen, selbst bizonales Recht zum Gegenstand einer eigenen Regelung zu machen.