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Artikel 28 [Verfassung der Länder]

(1) 1 Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. 2 In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. 3 Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. 4 In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) 1 Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. 2 Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. 3 Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

I. Homogenität (Abs. 1)

1. Bedeutung – Grundgesetz und Landesverfassungsrecht

Staatsgewalt besitzen die Länder nach dem Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Rn. 13 ff.), (damit) auch Staatsqualität (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 1). Deren Kernelement ist die Verfassungsautonomie (BVerfGE 36, 342 (361)). Die Länder müssen aber nur eine Verfassungsordnung haben, keine normativ höherrangige geschriebene Verfassung, auch muss es keine Landesgrundrechte geben (BVerfGE 103, 332 (349)). Die landes(verfassungs)gesetzliche Gestaltungsfreiheit ist weit (BVerfGE 64, 301 (312) – stRspr). Verfassungsrechtliche Homogenität zum GG – nicht Konformität oder normative Uniformität – muss aber in den bundesverfassungsrechtlichen Grenzen des Art. 28 I gewahrt bleiben (BVerfGE 90, 60 (84 f.); 41, 88 (119); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 1).

2. Einwirkungen des Grundgesetzes auf Landesverfassungsrecht

Die Vorgaben des Abs. 1 verpflichten die Länder, ohne unmittelbar in den Ländern zu gelten (BVerfG [K] NVwZ-RR 2016, 521 (523)), sog. Normativbestimmung. „Grundgesetz und Landesverfassungen stehen nebeneinander“ (BVerfGE 98, 145 (157) – st. Rspr.), „soweit ersteres nicht in letzteres hineinwirkt “ (BVerfGE 103, 332 (353) – stRspr; krit. dazu Jarass/Pieroth/Pieroth Art. 28 Rn. 1; zur Problematik und der Frage, ob diese sog. Bestandteils- oder Durchgriffsnormen Prüfungsmaßstäbe der Landesverfassungsgerichte sein können, vgl. Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 6). Diese Einwirkung erfolgt

(a) durch die unmittelbare Normgeltung gewisser GG-Bestimmungen im Bereich auch des gesamten Landesrechts, sog. Durchgriffsbestimmungen (Grundrechte, Rechtsstaatlichkeit, BVerfGE 2, 380 (403); Art. 33 V, BVerfGE 4, 115 (135); Art. 80 I 2, BVerfGE 73, 388 (400)), oder – auch zugleich

(b) durch die Rezeption (Inkorporation) von GG-Regelung(sinhalt)en in das Landes(verfassungs)recht, dessen ausdrückliche Bestandteile sie damit werden (vgl. zu den sog. Bestandteilsnormen Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 5), auch im Wege seiner Ergänzung (BVerfGE 103, 332 (350 ff.)); dies gilt etwa für Art. 3 I, 21 (BVerfGE 85, 353 (359)) oder Art. 5 I 2 (BVerfGE 13, 54 (79)), und nur in solchen Fällen ist die Landesverfassungsgerichtsbarkeit zuständig zur Kontrolle am Maßstab dieser GG-Bestimmungen („als Landesverfassungsrecht“),

(c) über das (Verfassungs-)Gesetzgebungs- und Gesetzesanwendungsverbot bei Verstoß gegen die Staatsgrundsatz(- oder Staatsformbestimmungs)normen des Art. 20 I–III (Art. 28 I), (Homogenität ieS) und

(d) durch die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (Art. 30) und den Vorrang des Bundesrechts (Art. 31); diese Grenzziehung betrifft Art. 28 I aber nicht. Die Vorschriften der Art. 30 und 70 f. können nur dann in die Landesverfassungen hineingelesen werden, wenn entspr. landesverfassungsrechltliche Normen, die deren Inkorporation ermöglichen, vorhanden sind. Nur in diesem Fall haben die Landesverfassungsgerichte eine Prüfungs- nicht aber einer Verwerfungskompetenz im Normenkontrollverfahren (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 6).

3. Homogenität mit den Staatsgrundsatznormen des Grundgesetzes (Abs. 1 S. 1)

Die Staatsgrundsatznormen des Art. 28 I 1 müssen vom Landesrecht nicht in all ihren bundesrechtlichen Ausprägungen und mit sämtlichen dem entspr. Rechtswirkungen beachtet oder gar inkorporiert werden. Die Homogenität ieS von Rn. 2 unter c) verlangt nur die Konformität des Landes(verfassungs-)rechts zum GG hinsichtlich eines Minimums der Inhalte dieser – ihrerseits sehr allg. – Prinzipien (vgl. DHS/Mehde Art. 28 I Rn. 47). Dementsprechend ergeben sich aus Art. 28 I 1 lediglich grundsätzliche, praktisch wenig bedeutsame Bindungswirkungen der Landesgewalten hinsichtlich von Normgebung und -anwendung.

„Republik“ soll „monarchische“ Regierungsformen in den Ländern ausschließen (Art. 20 Rn. 2 ff.; DHS/Mehde Art. 28 I Rn. 50). Das Demokratieprinzip gebietet eine demokratische Organisation und Legitimation von Staatsgewalt (BVerfGE 83, 60 (71); 93, 37 (66); 107, 59 (87 f.)). Es verlangt zwar demokratische Legitimation der Staatsgewalt(en) in den Ländern (Art. 20 Rn. 13 ff.; BVerfGE 93, 37 (66)), nicht aber ein parlamentarisches Regierungssystem (BVerfGE 27, 44 (56); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 15); lediglich die „essentiellen den deutschen Parlamentarismus prägenden Grundsätze“ müssen beachtet werden (BVerfGE 102, 224 (235 ff.)), etwa das Verbot, Abgeordnete in der Ausübung ihres Mandats zu behindern, nicht aber alle bundesrechtlichen Regelungen der Abgeordnetenentschädigung, der Parlamentsautonomie (BVerfGE 98, 145 (160)) oder des Wahlprüfungsverfahrens (BVerfGE 103, 111 (135)). Die Länder dürfen auch Volksbegehren und Volksentscheid weitergehend einführen als nach dem GG zulässig (BVerfGE 60, 175 (208); zur Wahrung des parlamentarischen Budgetrechts vgl. BVerfGE 102, 176 (185 ff.); zur Grenze des Vorranges des Parlaments(-Gesetzes) Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 15). Dass ihnen Volksbefragungen zu Gegenständen der Bundesgesetzgebung verboten sind (BVerfGE 8, 104 (117)), ergibt sich bereits aus der grundgesetzlichen Ordnung der Gesetzgebungskompetenzen, die auch Vorbereitungen dafür verbietet. Geboten ist eine Gewaltenteilung (BVerfGE 34, 52 (58); Jarass/Pieroth/Jarass Art. 28 Rn. 7).

Die Sozialstaatlichkeit wird in ihrer Homogenitätswirkung auf das Landesrecht nicht bereits durch eine (Quasi-)Monopolisierung der Sozialordnung beim Bund ausgeschlossen (aA Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 16), wohl aber bleibt sie in den Grenzen des Art. 20 I (Art. 20 Rn. 23 ff.). Die Rechtsstaatlichkeit verlangt zwar grds. den Vorbehalt des Parlamentsgesetzes (Art. 20 Rn. 48 ff.), nach der Wesentlichkeitstheorie, eindeutig bestimmte Gebote lassen sich daraus aber nicht ableiten (vgl. BVerfGE 90, 60 (85)). Auch das Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Rn. 55) müssen die Länder – mit dieser selben Maßgabe – beachten. Der Rechtsschutz muss in ihnen den Vorgaben des Art. 19 IV entsprechen. Die volle durchgehende Achtungspflicht der Bundesgrundrechte – die weitergehende Landesgrundrechte nicht ausschließen (Art. 142) – ergibt sich bereits aus Art. 1 III als Direktwirkung des GG (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 17). Unzulässig ist die Einführung eines öffentlichen Eigentums, wenn dieses die Wirtschafts- und Sozialordnung des Bundes zerstört (BVerfGE 24, 367 (390 f.)).

Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Homogenität ieS (vgl. Rn. 2 unter c, 3–5) ist nach hL (vgl. Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 28 ff.) die Nichtigkeit eines derartigen Landesrechts, nicht nach Art. 31, sondern nach Art. 28 I 1, der danach lex specialis ist (vgl. BVerfGE 83, 60 (61); 36, 342 (362)). Mit dem GG danach vereinbares Landesrecht bleibt dagegen auch hier in Kraft. – Eine Bundesverfassungsbeschwerde gegen Landesrecht (Art. 93 I Nr. 4a) ist nur zulässig – und praktisch wichtig – bei unmittelbarer Normgeltung der Bundesgrundrechte in den Ländern (vgl. Rn. 2 unter a). Bei Nichtbeachtung der grundgesetzlichen Kompetenzordnung (vgl. Rn. 2 unter d) entscheidet das BVerfG ebenfalls (Art. 93 I 2), nicht aber bei Übernahme von Bundesrecht in Landesrecht (vgl. Rn. 2 unter b). Im Falle eines möglichen Verstoßes gegen das Homogenitätsgebot ieS (vgl. Rn. 2 unter c) überprüfen die Landesverfassungsgerichte die Regelung am Maßstab des Landesverfassungsrechts, das BVerfG nach Art. 93 I Nr. 2.

4. Homogenität des Wahlrechts (Abs. 1 S. 2)

Für das Wahlrecht der Länder gilt ebenfalls Homogenität iSv Rn. 1 und 2, damit auch für das in deren Zuständigkeit fallende Gemeindewahlrecht (vgl. BVerfGE 83, 37 (55)), (für Gemeindeverbände aber nur, soweit sie Gebietskörperschaften sind, BVerfGE 52, 95 (110)), und für jede Wahl einer Vertretung in denselben, also auch für die Bürgermeisterwahl. Die Länder sind insoweit an die Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 I 1 gebunden (DHS/Mehde Art. 28 I Rn. 85; zu den Wahlrechtsgrundsätzen ausf. Stern/Sodan Möstl/Leisner § 31).

Nur eine Bindung an diese Grundsätze bestimmt Art. 28 I 2 (vgl. BVerfGE 94, 288 (290)); dem Landesgesetzgeber steht daher nicht nur die Ausgestaltungsfreiheit des einfachen Bundesgesetzgebers (Art. 38 Rn. 24 ff.), sondern auch ein weitreichendes Abweichungsrecht von dessen Lösungen zu (DHS/Mehde Art. 28 I Rn. 83 ff.). Allg. muss das Landeswahlsystem nicht dem des Bundes entsprechen; Minderheiten dürfen etwa privilegiert (BVerfG [K] NVwZ 2005, 205 ff.), andere Unterschriftsquoren bestimmt (BVerfGE 12, 135 (137 ff.)), werden. Briefwahl muss nicht vorgesehen sein (BVerfGE 15, 165 (167)). Eng ist dagegen die Bindung der Länder und Gemeinden an die grundgesetzliche Wahlgleichheit (BVerfGE 95, 335 (357)), die in den Ländern allerdings kein Anwendungsfall des Art. 3 I, daher der Bundesverfassungsbeschwerde nicht zugänglich sein soll (BVerfGE 99, 1 (7 f.); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 21; anders früher BVerfGE 85, 148 (157)).

Für die Selbstverwaltung bedeutet das Wahlrechtsgebot des Art. 28 I 2 eine Verstärkung der demokratischen Legitimationskette (BVerfGE 107, 59 (87 ff.); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 18). Die Stellung der gemeindlichen Volksvertreter ist allerdings nach dem GG nur einfachgesetzlich abgesichert (BVerfGE 78, 344 (348)), da die Regelung dem einfachen Landesgesetzgeber überlassen ist. Die Mandatsgleichheit (Art. 38 Rn. 13) muss aber auch er beachten (BVerfGE 93, 373 (377)), ebenso das freie Mandat (BVerwGE 90, 104 (105); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 18).

In den Gemeinden kann an die Stelle einer nach Rn. 7–9 „gewählten Körperschaft“ (Volksvertretung) die Versammlung aller (wahlberechtigten) Gemeindebürger treten (Art. 28 I 4; Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 23); dies hat nach dem gegenwärtigen Stand der Gemeindegesetzgebung in den Ländern keine praktische Bedeutung mehr, könnte aber eine solche wieder erlangen. Jedenfalls öffnet das GG hier – wenn auch nur marginal – eine Tür zur „Volksgesetzgebung“ (direkten Demokratie).

5. Ausländerwahlrecht

EU-Staatsbürger sind seit der Verfassungsergänzung von 1992, in Umsetzung der Art. 20 II, 22 I AEUV, gem. Art. 28 I 3 GG in Kreisen und Gemeinden aktiv und passiv wahl- und auch abstimmungsberechtigt, was vorher unzulässig war (BVerfGE 83, 37 (59)). Das gilt auch für politische Abstimmungen, einschließlich des Abstimmungsrechts bei kommunalen Bürgerentscheiden und -begehren (str.; BVerfG [K] NVwZ-RR 2016, 521 (524 f.); Dreier/Dreier Art. 28 Rn. 72; DHS/Mehde Art. 28 Rn. 124; aA MKS/Schwarz Art. 28 Rn. 121). Näheres bestimmt die Richtlinie 94/80/EG, (ABl. L 368, 38 ff.). Dem ist in allen Ländern Rechnung getragen worden (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 27). Art. 5 III der Richtlinie gestattet aber den Ausschluss der Wählbarkeit für Unionsbürger in leitende kommunale Exekutivämter (Landrat, Bürgermeister – so geregelt in Bayern und Sachsen). Das Ausländerwahlrecht verstößt nicht gegen den Demokratiegrundsatz iSv Art. 79 III (BVerfGE 83, 37 (59)). Nicht-EU-Ausländern steht jedoch auch auf Gemeindeebene kein Wahlrecht zu (str. ist darüber hinaus die Übertragbarkeit des Art. 28 I 3 auf Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheid, vgl. Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 27 mwN).

II. Kommunale Selbstverwaltung (Abs. 2)

1. Bedeutung

Die gemeindliche Selbstverwaltung in Art. 28 II (zum Begriff und verfassungsrechtlicher Bedeutung vgl. Brüning, Jura 2015, 592; Engels, Die Verfassungsgarantie kommunaler Selbstverwaltung, 2014) ist seit zwei Jahrhunderten (Stein’sche Reformen, vgl. ausf. DHS/Mehde Art. 28 II Rn. 2) eine der Grundlagen der Staatsordnung in Deutschland (vgl. § 184 RV 1849; Art. 127 WRV), insbes. in den deutschen Ländern. Sie wird – nicht zuletzt deshalb – sogar als Staatsfundamentalnorm (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 33) bezeichnet, was mit dem Demokratieprinzip in Zusammenhang gebracht wird (Art. 20 Rn. 5 ff.): Die Demokratie sei durch sie geprägt (BVerfGE 91, 228 (244)), iSe Gliederung (BVerfGE 83, 37 (54)), eines „Aufbaus von unten nach oben“, der die Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten aktiviere (BVerfGE 79, 127 (149); DHS/Mehde Art. 28 II Rn. 11). Die Gemeinden sind „ein Stück Staat“ (BVerfGE 73, 118 (191)), in diesen integriert (BVerfGE 83, 37 (54)) als Träger der „mittelbaren Staatsverwaltung“; damit sind sie die wichtigsten Organisationseinheiten einer dezentralisierten Verwaltung (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 34). Art. 79 III schützt allerdings die kommunale Selbstverwaltung nicht, weil dort nur von den Ländern die Rede ist (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 37).

2. Homogenität – Institutionelle Garantie

Art. 28 II sichert inhaltlich die Selbstverwaltung (Rn. 14 f.) der nach demokratischem Wahlrecht verfassten Gemeinden und Gemeindeverbänden (Rn. 9 ff.), die auf personaler Mitgliedschaft in einem bestimmten Gebiet beruhen und rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts sind (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 44; vgl. auch Lindner, DÖV 2018, 235). Binnengliederungen der Gemeinden sind keine solchen Körperschaften (BVerfGE 83, 60 (76)), ebenso wenig Gemeindeverbände (BVerfGE 77, 288 (302)). Dies gilt iSe Homogenitätsgebotes (Rn. 2 unter c, „müssen gewährleistet sein“) für das hier regelungszuständige Landesrecht, nicht eines grundgesetzlichen Normdurchgriffs auf dieses (Rn. 2 unter a; BVerfGE 79, 127 (143)); das Landesrecht darf daher die grundgesetzlichen Vorgaben ausgestalten.

Ein Grundrecht verleiht Art. 28 II weder den Gemeinden noch anderen Rechtssubjekten (BVerfGE 58, 177 (189) – stRspr); die Gemeinden sind als Teil der Staatsorganisation (Rn. 12) nicht grundrechtsfähig (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 40). Eine institutionelle Garantie gewährleistet aber a) dass es Gemeinden gibt, b) dass diesen ein Selbstverwaltungsrecht (Rn. 15 f.) zusteht (BVerfGE 76, 107 (119) – objektive Einrichtungsgarantie, die gesetzlich ausfüllungsbedürftig sei; vgl. insoweit Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 40). Nicht gesichert sind dagegen Gemeinden in ihrem gegenwärtigen Bestand und im bisherigen konkreten Umfang ihres Selbstverwaltungsrechts (vgl. BVerfGE 86, 90 (107)). Das GG schützt jedoch die einzelne Gemeinde durch verfahrensrechtliche Kautelen vor willkürlicher Auflösung oder Beeinträchtigung ihres Selbstverwaltungsrechts ( beschränkte subjektive Einrichtungsgarantie; BVerfGE 86, 90 (107); vgl. Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 42), schon weil dadurch auch die objektive institutionelle Garantie des Art. 28 II ausgehöhlt werden könnte. Die Regelung stellt insoweit ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu Gunsten der Gemeinden dar (stRspr; vgl. nur BVerfG NVwZ 2015, 136 (142) mwN). Die Verletzung des Selbstverwaltungsrechts kann daher und insoweit mit der speziellen Kommunalverfassungsbeschwerde gerügt werden (Art. 93 I Nr. 4b).

3. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft

Dieser wichtige Bereich, ausgestaltet in großer verfassungsgerichtlicher Entscheidungsdichte, ist, angesichts der institutionellen Sicherung, in den Prüfungsschritten „Schutzbereich (Rn. 16 ff.) – Eingriff/Einschränkung durch Gesetz – verfassungsrechtliche Rechtfertigung derselben“ zu untersuchen. Die Einschränkungsmöglichkeiten (im Rahmen der Gesetze) dürfen nicht (vgl. derartige Tendenzen bei Art. 14 I 2) in den Schutzbereich verlagert werden (vgl. BVerfGE 79, 127 (151 f.); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 60).

a)Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft müssen ihre Wurzeln gerade in dieser haben (BVerfGE 79, 127 (151 f.) – Rastede). Diese Angelegenheiten bilden „keinen ein für alle Mal feststehenden Aufgabenkreis“ (BVerfGE 79, 127 (152); 110, 370 (401); 138, 1 (17)) und beinhalten „keine Garantie des Status quo im Sinne eines einmal erreichten Aufgabenbestands“ (BVerfGE 147, 185 (221), vgl. Jarass/Pieroth/Jarass Art. 28 II Rn. 27). Sie bestimmen sich nicht nach der Verwaltungskraft der Gemeinde (BVerfGE 52, 95 (120); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 46). Zu ihnen gehört alles, was einen für eine echte Selbstverwaltung ausreichenden Verhaltensspielraum gewährleistet, sodass jene also nicht völlig ausgehöhlt oder beseitigt wird (BVerfGE 103, 332 (365) – stRspr). Es muss dies eine Vielzahl von Angelegenheiten sein; diese müssen „alle“, nach Ob, Wann, Wie, von den Gemeinden „in eigener Verantwortung erledigt“ werden können. Eigenverantwortlichkeit setzt eine gewisse Selbstständigkeit bei der Organisation der Aufgabenwahrnehmung voraus (BVerfG NVwZ 2015, 136 (143); vgl. auch ausf. Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 52 f.). Daraus ergibt sich die „Allzuständigkeit“ (Universalität der Zuständigkeit der Gemeinden) (BVerfGE 83, 37 (54); 138, 1 (17); 147, 185 (245 f.)) – aber eben nur im Bereich der örtlichen Angelegenheiten (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 47), während ihnen eine Regelung überörtlicher Angelegenheiten – etwa der „allgemein politischen“ (BVerfGE 79, 127 (147)) – von vorneherein nicht zusteht, ihnen also auch nicht durch gesetzliche Grenzziehung entzogen zu werden braucht. In aller Regel betreffen aber Regelungen überörtlicher zugleich auch die von örtlichen Angelegenheiten. Eine Abgrenzung ist daher vom Gesetzgeber zu leisten; sie ist das eigentliche Problemfeld des Art. 28 II. In diesem Rahmen steht der Gemeinde auch ein (Er)Findungsrecht örtlicher Aufgaben zu (BVerfGE 79, 127 (146); (nur) für den örtlichen Bereich besteht ein Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung zugunsten der Gemeinde gegenüber dem sie beschränkenden Gesetzgeber (BVerfGE 83, 37 (54)). Die Selbstverwaltungsgarantie umfasst zudem die Befugnis, bislang „unbesetzte“ Aufgaben an sich zu ziehen (sog. Spontaneität; BVerfGE 107, 1 (11 f.); 138, 1 (21 f.); 147, 185 (235); Jarass/Pieroth/Jarass Art. 28 II Rn. 27). Str. ist hingegen, ob aus Art. 28 II 1 auch eine Obliegenheit der Gemeinden folgt, ihren Aufgabenbereich zu sichern (Entscheidungen ergingen im Zusammenhang mit Privatisierung und Rekommunalisierung; vgl. Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 48; so BVerwG DVBl 2009, 1382; krit. Ehlers DVBl 2009, 1456 f.; Schoch DVBl 2009, 1533 ff.).

b)  Die örtlichen Angelegenheiten werden im Zweifel durch die traditionellen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung bestimmt (BVerfGE 76, 107 (118) – stRspr; DHS/Mehde Art. 28 II Rn. 51 allerdings mit dem Hinweis, dass sich die Wahrnehmungen diesbezüglich durchaus ändern können); ein Eingriff in diese bedarf also besonderer Begründung, dies gilt auch für das Aufgabenerfindungsrecht (BVerfG [K] DVBl 1995, 286 (287)). Verfassungsschutz der Selbstverwaltung sichert unbedingt deren Kernbereich (Sachs/NierhausEngels Art. 28 Rn. 64), dessen „identitätsbestimmende Merkmale“ (BVerfGE 107, 1 (12)), während im Randbereich gemeindliche Mitwirkungsrechte genügen können (BVerfGE 91, 228 (238 ff.)), je nach den (zugleich) zu wahrenden überörtlichen Interessen (BVerfG [K] DVBl 2001, 1415 (1420 f.)). In all diesen Vorgaben gewährleistet die Selbstverwaltungsgarantie sowohl einen Bereich materieller Regelungsgegenstände, insbes. der Daseinsvorsorge, als auch – und hier besonders weitgehend – die Regelungsautonomie der Mittel für solche Aufgabenerfüllung, insbes. von Organisations- und Verfahrensformen, Einsatz von Personal und sächlichen gemeindlichen Verwaltungsmitteln durch die Kommune (DHS/Mehde Art. 28 II Rn. 53).

c)  Als „Hoheit(en)“ werden diese einzelnen speziellen Schutzbereiche der Selbstverwaltung bezeichnet (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 53), iSv entsprechenden Herrschaftsgewalten gegenüber den Ortsansässigen (BVerfGE 52, 95 (110)). Es sind dies Kompetenz-(Hoheits-)Bündel (BVerfGE 56, 298 (312)), welche nicht nur einzelne Zuständigkeit(en) sichern, sondern auch einen organisch-systematischen Zusammenhang derselben zugunsten der Gemeinde. Gerade dies muss jew. mit Blick auf traditionelle Gestaltungen (Rn. 17) geprüft werden. Praktisch hat es zur Folge, dass in diesen Hoheitsbereichen gesetzgeberischen Eingriffen in die Selbstverwaltung engere Grenzen gezogen sind (krit. allerdings zur Wirkungskraft der Kernbereichsgarantie Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 66). Im Einzelnen sind zu nennen:

Satzungshoheit als Entscheidungsmittel (BVerfGE 65, 283 (298)), Verwaltungshoheit eigener Einrichtungen und Vermögensgegenstände (BVerfG [K] NVwZ 2001, 317), Haushaltshoheit, Organisationshoheit, einschließlich der Kooperationshoheit mit anderen Rechtsträgern (BVerfGE 119, 331 (362); Verwaltungsgemeinschaftsbildung). Sie bezeichnen Zuständigkeiten und Verfahrensabläufe im Einzelnen, nicht aber Regelungen des Gemeindeverfassungsrechts (BVerfGE 91, 228 (236 ff.)). Personalhoheit (BVerfGE 91, 228 (245 ff.) – stRspr) betrifft Auswahl, Anstellung, Beförderung, Entlassung, im Rahmen des Beamten- und Arbeitsrechts (BVerfGE 17, 172 (182)), Planungshoheit (BVerfGE 103, 332 (365 ff.)) insbes. die Festlegung der Bodennutzung für das Gemeindegebiet (BVerfGE 56, 298 (310)), nicht aber überörtliche Planung (BVerwG DVBl 1996, 914). Hier, wie überhaupt bei allen überörtlichen Maßnahmen mit Auswirkungen auf eine Gemeinde, müssen jedoch Mitwirkungsrechte derselben vorgesehen sein (BVerwG KommJur 2008, 429 (439)). Dies Letztere gilt etwa, wenn Teile des Gemeindegebiets der Kommunalplanung entzogen, der Gemeinde Aufgaben der Schulnetzplanung entzogen oder gemeindliche Einrichtungen erheblich beeinträchtigt werden (BVerfGE 81, 95 (106); BVerfG KommJur 2015, 54 (56)) – überhaupt bei gewichtigen Einwirkungen auf die gemeindliche Infrastruktur (BVerwGE 97, 203 (211 f.)). Die gemeindlichen Mitwirkungsrechte müssen entspr. der Bedeutung der übergeordneten Belange gewichtet werden (BVerfG [K] DVBl 2001, 1415 (1420 f.)). Mitwirkungsfrei sind dagegen etwa staatliche Einzelregelungen der Erschließungspflicht, des Umweltschutzes (BVerwGE 56, 298 (312 ff.) – Lärmschutz), Straßenverkehrsregelungen (BVerwGE 95, 333 (335)), Vorgaben für eine Schulträgerschaft (BVerfGE 26, 228 (238)), kartellrechtliche Kontrollen (BGHZ 168, 295 (300 f.)).

d)  Das Namens(bestimmungs)recht der Gemeinde wird als „Hoheit“ bezeichnet (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 53); dieses wie das Namensführungsrecht steht ihr aber nur im Rahmen der Ergebnisse von Gebietsreformen zu (BVerfGE 59, 216 (229)). Das Gebietsbestimmungsrecht ist auf Anhörung bei Gebietsreformen beschränkt (BVerfGE 50, 55 f.). Eine „Gebietshoheit“ umfasst mit dieser Maßgabe die jew. „Hoheiten“ (Rn. 19).

e)  Keine spezifische „Gemeindehoheit“ ist das – im Einzelnen viel umstr. – wirtschaftliche Betätigungsrecht der Gemeinden (vgl. Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 49; aA auch wirtschaftliche Tätigkeiten werden erfasst, wenn sie (ganz oder in Teilen) einen Bezug zu den örtlichen Angelegenheiten aufweisen, vgl. SächsVerfGH NVwZ 2005, 1058 (1059); Berger DÖV 2010, 122; DHS/Mehde Art. 28 II Rn. 92 ff; zu Einzelfällen vgl. Jarass/Pieroth/Jarass Art. 28 II Rn. 28), welches näher im Öffentlichen Wirtschaftsrecht geregelt ist. Dafür sind die landes(verfassungs)rechtlichen Konkretisierungen und insoweit ist die Judikatur der Landesverfassungsgerichte, im Übrigen die der Verwaltungs- und der Wettbewerbsgerichte maßgebend. Zu unterscheiden ist vor allem zwischen öffentlicher Daseinsvorsorge (vgl. W. G. Leisner WuV 2011, 53) und (rein) erwerbswirtschaftlicher kommunaler Tätigkeit. Leitentscheidungen des BVerfG zur „Subsidiarität“ der Kommunalwirtschaft fehlen bisher. Unklar ist insbes. die Lage bei der Energie-/Wasser- und der Entsorgungswirtschaft, während die Telekommunikationsbelange jedenfalls zur überörtlichen Versorgung gehören (BVerfG NVwZ 1999, 520). Als bundesverfassungsrechtliche Regelungsmaterien gelten die wirtschaftlichen Grundrechte, hier insbes. die Wettbewerbsfreiheit (Art. 12 Rn. 14), etwa im Fall „erdrosselnder“ gemeindlicher Konkurrenz (vgl. Leisner GewArch 2009, 337).

4. Rahmen der Gesetze

Die Formulierung bedeutet einen Eingriffsvorbehalt in die Selbstverwaltung, nicht einen Ausgestaltungsauftrag für den Gesetzgeber (vgl. krit. hierzu auch Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 59), dem dann Verfassungsgrenzen kaum mehr zu ziehen wären (bedenklich daher BVerfGE 79, 127 (143), „Ausgestaltung und Ausformung durch Gesetz“; BVerfGE 110, 370 (400 f.), „kein fester Aufgabenkreis“). Unstreitig ist dagegen der legislative Einschätzungsspielraum (BVerfGE 79, 127 (153) – stRspr). „Gesetz“ ist im materiellen Sinn zu verstehen (BVerfGE 76, 107 (114 ff.); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 63), dazu gehören also auch RVOen, Satzungen der Kreise (BVerfGE 101, 99 (110 f.)) und Raumordnungsprogramme (BVerfGE 76, 107 (114)). Grds. sind die Länder zuständig (BVerfGE 56, 298 (310) – stRspr) nach bundesstaatlichen Vorgaben (BVerfGE 119, 331 (363)), der Bund (nur) entspr. der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung zur Gesetzgebung.

Durch Begrenzung der Selbstverwaltung kann der Gesetzgeber den Eingriffsvorbehalt auch ausnutzen im Wege der Aufgabenübertragung auf andere Träger (zB Abfallbeseitigung durch Kreise, BVerfGE 79, 127, (155 f.); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 61), oder durch Bindung der Gemeinde an (enge) gesetzliche Regelungen, etwa iF der Bauleitplanung (BVerfGE 77, 288 (298 f.)). Dabei können Selbstverwaltungspflichtaufgaben oder staatliche Auftragsangelegenheiten festgelegt werden, zu denen auch Pflichtaufgaben rechnen, die nach Weisung zu erfüllen sind (vgl. BVerfGE 78, 331 (341)). Allerdings muss der Gesetzgeber den Kreisen hinreichende Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zuweisen und darf sich nicht ausschließlich auf die Zuweisung materiell staatlicher Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises beschränken (stRspr; vgl. nur BVerfG NVwZ 2015, 136 (142) mwN).

Inanspruchnahme des Gesetzesvorbehalts verlangt Abwägung der Selbstverwaltungsgarantie gegenüber den überörtlichen Belangen, unter Beachtung des Verfassungsprinzips der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 95, 1 (27); 103, 332 (366); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 72 f.); ein zulässiges Kriterium ist insbes. die Vermeidung unverhältnismäßigen Kostenanstiegs und neuerdings allg. die Beachtung der Finanzhoheit der Gemeinde(n) (Rn. 25). Bundes-, Landes- und andere Gesetzgeber haben dabei stets ein gemeinschaftsfreundliches Verhalten zu zeigen (BVerfGE 78, 331 (341 f.)).

5. Die gemeindliche Finanzhoheit

Lange Zeit blieb offen, ob das GG aufgabenadäquate Finanzausstattung der Gemeinden durch Land und Bund, insbes. über Abgabengesetzgebung verlange (BVerfGE 83, 363 (385 f.)). Die Übertragung kostenträchtiger Aufgaben galt nicht bereits als Verfassungsverstoß (BVerfG NVwZ 1987, 123). Hinreichende Gesamtausstattung soll jedenfalls genügen, eine finanzielle Mindestausstattung darf nicht durch Umlagepflichten gefährdet werden (BVerwGE 145, 378 (380 f.)). Ein gemeindliches Recht auf besondere Steuererhebungskompetenz, auf Steuerertrag oder Steueranteile wurde nicht anerkannt. Seit Einführung der Hs. 1 und 2 in Art. 28 II 3 kann von einer gemeindlichen Finanzhoheit (Rn. 18 f.) iSe Verwendungsfreiheit mit Zielbestimmung der gemeindlichen Finanzen die Rede sein (BVerfGE 104, 60 (66); 125, 141 (159); 155, 310 (332 f.); Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 84). Bei der Kalkulation von Abgaben steht dem kommunalen Satzungsgeber ein Prognosespielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (BVerwGE 116, 188 (191)). Zulässig ist die Verpflichtung, kostendeckende Beiträge zu erheben (BVerwG NVwZ-RR 2020, 658 (Ls. 1)), desgleichen eine Verpflichtung zur Defizitminimierung (BVerwGE 165, 373 (376); vgl. Jarass/Pieroth/Jarass Art. 28 II Rn. 33). Eine Hebesatzhoheit (BVerfGE 112, 216 (222 f.)) muss hinsichtlich (mindestens) einer gemeindlichen Steuerquelle bestehen, jedenfalls für die Gewerbesteuer; bundesgesetzlich kann aber ein Mindesthebesatz festgelegt werden (BVerfGE 125, 141 (165)). Die nähere Ausgestaltung dieser u. a. Vorgaben ist Gegenstand der bundesstaatlichen Finanzverfassung (→ Art. 106f).

III. Gemeindeverbände

Gem. Abs. 2 S. 2 steht den Gemeindeverbänden ein eingeschränktes Selbstverwaltungsrecht zu (BVerfGE 119, 351 (352). Gemeindeverbände iSv Art. 28 II 2 sind alle öffentlichen Gebietskörperschaften in den Regelungsbereichen zwischen Gemeinden und Ländern, also Kreise, Ämter, Samt- und Verbandsgemeinden (BVerfGE 103, 332 (359)), nicht aber gegenständlich bestimmte kommunale (Zweck-)Verbände. Für sie ist kennzeichnend, dass sich mindestens zwei Gemeinden zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zusammenschließen, die in größerem Umfang kommunale Aufgaben erfüllt (vgl. BVerfGE 52, 95 (109)), vgl. Jarass/Pieroth/Jarass Art. 28 II Rn. 49. Universalität, Aufgabenerfindungsrecht oder „Hoheiten“ (Rn. 17 ff.), wie für Gemeinden, gibt es in ihrem Fall aber nicht. Ihre institutionelle Garantie ist gegenüber der der Gemeinden abgeschwächt (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 79) auf ein Mindestmaß zugewiesener Selbstverwaltungsaufgaben (BVerfGE 119, 331 (353 ff.)), ihre Gesetzesbindung reicht weiter (BVerfGE 83, 363 (383); 119, 331 (352 f.); 137, 108 (156 f. und 177)) – was umgekehrt für einen Eingriffsvorbehalt gegenüber Gemeinden spricht (vgl. Rn. 22). Das finanzielle Selbstbestimmungsrecht (Art. 28 II 3 Hs. 1) gilt aber auch für sie.

Keine Träger der Selbstverwaltungsgarantie sind, da sie als Länder zu qualifizieren sind, die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg (BVerfGE 150, 1 (160); DHS/Mehde Art. 28 II Rn. 15; Jarass/Pieroth/Jarass Art. 28 II Rn. 34).

IV. Gewährleistung durch den Bund (Abs. 3)

Verpflichtet ist durch diese institutionelle Garantie gem. Art. 28 III der Bund, dh alle Bundesinstanzen und -Organe (DHS/Mehde Art. 28 III Rn. 52), denen das GG Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechtslage in den Ländern einräumt (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 97). Diese beziehen sich auf die Geltung der Bundesgrundrechte und die Beachtung der Homogenitätsverpflichtung nach Art. 28 I, II. Gewährleistungsmittel (vgl. Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 100) sind Bundesgesetzgebung, Bundesaufsicht (Art. 85 IV, 108 III), Bundesintervention (Art. 35 II, III, 87a III, IV, 91 I, II), Zustimmungsverweigerung (Art. 32 II). Ein Auswahlermessen zwischen diesen Einwirkungsmöglichkeiten besteht nicht. Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ist das die Länder am wenigsten belastende, aber (doch noch) wirksame Mittel zu wählen. Länder (BVerfGE 9, 268 (277)) und Gemeinden sind Adressaten und auch Begünstigte dieser Gewährleistungspflicht. Ein eigenständiges Bundesaufsichtsrecht begründet die Vorschrift aber nicht (Sachs/Nierhaus/Engels Art. 28 Rn. 100). Verfassungsstreitigkeiten entscheidet das BVerfG nach Art. 93 I Nr. 1–4b, mit Ausnahme von Nr. 4a – Verfassungsbeschwerden von Bürgern können nicht auf Art. 28 III gestützt werden. Entgegen verbreiteter Ansicht besteht keine allg. Verpflichtung der Bundesorgane, vorgängig das BVerfG anzurufen.