Artikel 77 [Verfahren bei Gesetzesbeschlüssen]
(1) 1 Die Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen. 2 Sie sind nach ihrer Annahme durch den Präsidenten des Bundestages unverzüglich dem Bundesrate zuzuleiten.
(2) 1 Der Bundesrat kann binnen drei Wochen nach Eingang des Gesetzesbeschlusses verlangen, daß ein aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuß einberufen wird. 2 Die Zusammensetzung und das Verfahren dieses Ausschusses regelt eine Geschäftsordnung, die vom Bundestag beschlossen wird und der Zustimmung des Bundesrates bedarf. 3 Die in diesen Ausschuß entsandten Mitglieder des Bundesrates sind nicht an Weisungen gebunden. 4 Ist zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, so können auch der Bundestag und die Bundesregierung die Einberufung verlangen. 5 Schlägt der Ausschuß eine Änderung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat der Bundestag erneut Beschluß zu fassen.
(2a) Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, hat der Bundesrat, wenn ein Verlangen nach Absatz 2 Satz 1 nicht gestellt oder das Vermittlungsverfahren ohne einen Vorschlag zur Änderung des Gesetzesbeschlusses beendet ist, in angemessener Frist über die Zustimmung Beschluß zu fassen.
(3) 1 Soweit zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich ist, kann der Bundesrat, wenn das Verfahren nach Absatz 2 beendigt ist, gegen ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. 2 Die Einspruchsfrist beginnt im Falle des Absatzes 2 letzter Satz mit dem Eingange des vom Bundestage erneut gefaßten Beschlusses, in allen anderen Fällen mit dem Eingange der Mitteilung des Vorsitzenden des in Absatz 2 vorgesehenen Ausschusses, daß das Verfahren vor dem Ausschusse abgeschlossen ist.
(4) 1 Wird der Einspruch mit der Mehrheit der Stimmen des Bundesrates beschlossen, so kann er durch Beschluß der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zurückgewiesen werden. 2 Hat der Bundesrat den Einspruch mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen beschlossen, so bedarf die Zurückweisung durch den Bundestag einer Mehrheit von zwei Dritteln, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
I. Einspruchsgesetze und Zustimmungsgesetze
Art. 77 regelt im Anschluss an Art. 76 die weiteren Schritte des Gesetzgebungsverfahrens im BTag und im BRat. Wichtig für den Verfahrensgang ist die Unterscheidung zwischen Gesetzen, für deren Zustandekommen die Zustimmung des BRats erforderlich ist (Zustimmungsgesetze), und solchen, bei denen der BRat lediglich die Befugnis besitzt, Einspruch zu erheben (Einspruchsgesetze). Den Regelfall stellen die Einspruchsgesetze dar, wohingegen ausnahmsweise ein Zustimmungsgesetz nur vorliegt, wenn das GG dies ausdrücklich bestimmt. Zwar betreffen die enumerativ aufgezählten Fälle, in denen ein Bundesgesetz der Zustimmung des BRats bedarf, in der Regel Materien, die in besonderem Maße die Interessen der Länder berühren. Eine ungeschriebene Zustimmungsbedürftigkeit immer dann, wenn Länderinteressen betroffen sind, existiert jedoch nicht. Auch das BVerfG geht von diesem Enumerationsprinzip aus, wobei seine Formulierung, wonach dem BRat ein Zustimmungsrecht dort zusteht, „wo der Bundesgesetzgeber in den Zuständigkeitsbereich der Länder nach Art. 83 ff. GG eingreift“ (BVerfGE 105, 313 (340)), keine Ausweitung der Zustimmungsbedürftigkeit andeuten will, sondern allein die in Art. 83 ff. ausdrücklich geregelten Fälle umschreibt.
Da ein Gesetz nach Auffassung des BVerfG bei der Beantwortung der Frage nach seiner Zustimmungsbedürftigkeit als Einheit zu betrachten ist, macht eine einzige zustimmungsbedürftige Bestimmung ein Gesetz insgesamt zustimmungsbedürftig (sog. Einheitsthese; BVerfGE 8, 274 (294); 55, 274 (319); offengelassen BVerfGE 105, 313 (339)). Dies erscheint in Anbetracht des Wortlauts von Art. 77 IIa, III 1 („soweit“) jedoch keineswegs zwingend. Zutreffender erscheint es vielmehr, innerhalb eines Gesetzes zwischen zustimmungsbedürftigen und nicht zustimmungsbedürftigen Bestimmungen zu unterscheiden (so auch die abw. Meinung von Rottmann, BVerfGE 55, 274 (331, 332 ff.); Antoni AöR 113 [1988], 329 (333 ff.)). Eine vom BR erteilte oder verweigerte Zustimmung bezieht sich daher – entgegen der Auffassung des BVerfG – nur auf die als zustimmungsbedürftig zu qualifizierenden Teile eines Gesetzes. Zulässig ist es zudem, einen Gesetzentwurf in einen zustimmungsbedürftigen und einen nicht zustimmungsbedürftigen Teil aufzuteilen und getrennt zu verabschieden (BVerfGE 114, 196 (230); Sachs/Mann Art. 77 Rn. 18 f.), sofern diese Aufteilung nicht willkürlich ist (BVerfGE 77, 84 (103)).
Änderungsgesetze zu Zustimmungsgesetzen bedürfen der Zustimmung des BRats, wenn sie selbst neue, eine Zustimmungsbedürftigkeit auslösende Regelungen enthalten oder wenn die Änderungen solche Vorschriften betreffen, die ursprünglich die Zustimmungsbedürftigkeit des zu ändernden Gesetzes ausgelöst hatten (BVerfGE 37, 363 (382 f.)). Ein Änderungsgesetz, das ausschließlich nicht zustimmungsbedürftige Bestimmungen eines Zustimmungsgesetzes ändert, ist darüber hinaus auch dann zustimmungsbedürftig, wenn die nicht ausdrücklich geänderten Vorschriften, die die Zustimmungsbedürftigkeit des zu ändernden Gesetzes ausgelöst hatten, eine wesentlich andere Bedeutung und Tragweite erhalten (BVerfGE 37, 363 (383)).
II. Gesetzesbeschluss des Bundestages
Nach Art. 77 I 1 werden Bundesgesetze vom BTat als eigentlichem Gesetzesgeber beschlossen. Der BR wirkt an der Gesetzgebung lediglich mit (Art. 50). Das Verfahren im BTag wird durch §§ 76 ff. GOBTag im Einzelnen ausgestaltet, wobei das GG die Ordnung des Verfahrens innerhalb des BTags weitgehend dessen autonomer Satzungsgewalt überlässt (BVerfGE 1, 144 (151)). Das GG fordert nicht die in der GOBTag vorgesehenen drei Beratungen (Lesungen). Aus dem Demokratieprinzip folgt jedoch, dass zumindest eine Gesetzesberatung im BTag stattzufinden hat, die die Möglichkeit zu Argument und Gegenargument gibt und in einer Debatte einen Ausgleich widerstreitender Interessen ermöglicht (vgl. BVerfGE 70, 324 (355)). Die Entscheidung, ob und welche Verbände oder Sachverständige in einem – grundgesetzlich nicht verlangten – Anhörungsverfahren (Hearing) zu Wort kommen, steht im Ermessen des BTags (BVerfGE 36, 321 (330)).
Art. 77 I 1 verlangt einen Beschluss des Plenums des BTags und nicht lediglich eines Ausschusses (BVerfGE 44, 308 (317)). Der Gesetzesbeschluss bedarf nach Art. 42 II 1 einer Mehrheit der abgegebenen Stimmen (relative Mehrheit), sofern das GG, wie etwa in Art. 79 II, keine andere Mehrheit vorschreibt. Mit dem Gesetzesbeschluss werden Text und Inhalt des Gesetzes festgestellt. Aufgrund des gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatzes der relativen Unverrückbarkeit des parlamentarischen Votums darf der BTag das Gesetz im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht mehr inhaltlich verändern, sofern das GG nicht ausdrücklich gem. Art. 77 II 5 oder Art. 113 II, III einen erneuten Beschluss vorsieht. Zulässig ist jedoch, um den Erfordernissen einer funktionsfähigen Gesetzgebung gerecht zu werden, eine Berichtigung von Druckfehlern und anderen offenbaren Unrichtigkeiten ohne nochmalige Einschaltung der gesetzgebenden Körperschaften (BVerfGE 48, 1 (18); 105, 313 (334 f.)).
III. Zuleitung an den Bundesrat
Ein Bundesgesetz ist nach seiner Verabschiedung durch den BTag von dessen Präsidenten unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, dem BRat zuzuleiten (Art. 77 I 2), um diesen in die Lage zu versetzen, seine Mitwirkungsrechte auszuüben. Nach Beratung erfolgt im BRat eine Abstimmung, aus der sich gem. § 30 I 1 GOBRat zweifelsfrei ergeben muss, ob der BRat einem vom BTag beschlossenen Gesetz zustimmt, die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt oder gegen ein vom BTag beschlossenes Gesetz Einspruch einlegt. Der BRat beschließt dabei nach Art. 52 III 1 mit der Mehrheit seiner Stimmen.
IV. Vermittlungsausschussverfahren
1. Einleitung des Vermittlungsausschussverfahrens
Droht das Zustandekommen eines Gesetzes am BR zu scheitern, bietet Art. 77 II mit dem Vermittlungsausschussverfahren eine institutionalisierte Möglichkeit zur Kompromissfindung. Das Recht zur Anrufung des Vermittlungsausschusses steht bei Einspruchsgesetzen ausschließlich dem BR zu (Art. 77 II 1). Die Geltendmachung dieses Einberufungsrechts ist auf drei Wochen nach Eingang des Gesetzesbeschlusses beim BR befristet, wobei es sich um eine Ausschlussfrist handelt. Die Frist wird mit der Beschlussfassung (Art. 52 III 1) im BR gewahrt.
Handelt es sich um ein Zustimmungsgesetz, können neben dem BRat auch der BTag oder die BReg die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangen (Art. 77 II 4). Da Art. 77 II 1 nicht zwischen Einspruchs- und Zustimmungsgesetzen differenziert, gilt für den BRat auch hier wieder eine Ausschlussfrist von drei Wochen (ebenso Sachs/Mann Art. 77 Rn. 10; MKS/Masing/Risse Art. 77 Rn. 77 f.; Hömig/Wolff/Wolff Art. 77 Rn. 9). Die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch BTag oder BReg ist demgegenüber nicht fristgebunden, sie hat jedoch aus Gründen der Verfassungsorgantreue in angemessener Frist zu erfolgen (BeckOK GG/Dietlein Art. 77 Rn. 37).
Das Einberufungsverlangen muss nicht begründet werden (BVerfGE 101, 297 (306)). Es kann sich gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzes richten, aber auch als offener Vermittlungsantrag gegen das Gesetz insgesamt. Ein Vermittlungsantrag des BRats kann sich sowohl auf die Änderung oder die Ergänzung als auch auf die Aufhebung des Gesetzes beziehen. Letzteres ist dem BTag nicht gestattet, da er sich mit einem Verlangen nach Aufhebung in Widerspruch zu seinem eigenen Gesetzesbeschluss setzen würde. Auch die BReg darf nach hL nicht die Aufhebung des Gesetzes insgesamt beantragen, da es ihr nicht gestattet sein soll, parlamentarische Gesetzesbeschlüsse in Frage zu stellen (Sachs/Mann Art. 77 Rn. 25).
2. Stellung und Aufgabe des Ausschusses
Der Vermittlungsausschuss ist ein ständiger Ausschuss, der allerdings nur im Bedarfsfall zusammentritt. Es handelt sich um ein gemeinsames Unterorgan von BTag und BRat (BVerfGE 112, 118 (138)). Seine GO wird nach Art. 77 II 2 vom BTag beschlossen und bedarf der Zustimmung des BRats. Aufgabe des Vermittlungsausschusses ist es, Meinungsverschiedenheiten zwischen BTag und BRat auszuräumen, ohne das Gesetzgebungsverfahren nochmals durchlaufen zu müssen (BVerfGE 72, 176 (188)). Der Vermittlungsausschuss besitzt keine Entscheidungskompetenz, sondern gibt Empfehlungen ab für die Entscheidungen der Gesetzgebungsorgane BTag und BRat (BVerfGE 101, 297 (306); 120, 56 (74); 125, 104 (122)). Er hat kein eigenes Gesetzesinitiativrecht (Art. 76 I), sondern vermittelt zwischen den zuvor parlamentarisch beratenen Regelungsalternativen (BVerfGE 150, 204 (229 f.); 150, 345 (367)). Der Vermittlungsausschuss darf deshalb eine Änderung, Ergänzung oder Streichung der vom BTag beschlossenen Vorschriften nur vorschlagen, wenn und soweit dieser Einigungsvorschlag im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des ihm zugrunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens verbleibt (BVerfGE 101, 297 (307); Hebeler JA 2017, 484 (488 f.); Möllers Jura 2010, 401 (406)). Der Vermittlungsausschuss darf mithin keinen Vorschlag unterbreiten, der jenseits der bisherigen Auffassungsunterschiede im BTag oder zwischen BTag und BRat liegt (BVerfGE 101, 297 (308 f.)). Er muss vielmehr darauf beschränkt bleiben, die Brücke zwischen Regelungsalternativen zu schlagen, die bereits zuvor in den Gesetzgebungsorganen erörtert worden oder jedenfalls erkennbar geworden sind. Der Vorschlag ist daher auf die Regelungsgegenstände begrenzt, die bis zur letzten Lesung im BTag in das jew. Gesetzgebungsverfahren eingeführt waren (BVerfGE 120, 56 (76); 125, 104 (123)).
Der nichtöffentlich tagende Ausschuss hat innerhalb angemessener Frist zu beraten und einen Vermittlungsvorschlag zu unterbreiten. Dies folgt aus dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue. Die Angemessenheit ist unter Berücksichtigung des Umfangs, der Schwierigkeit und der Bedeutung der behandelten Materie zu ermitteln. Der Vermittlungsausschuss fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder (§ 8 GOVermA). Der Einigungsvorschlag wird den Präsidenten von BTag und von BRat übermittelt (§ 4 GOVermA). Das Vermittlungsverfahren kann jedoch auch ohne Einigungsvorschlag enden, wenn ein Ausschussmitglied einen entspr. Antrag stellt und sich in der dritten Sitzung des Ausschusses keine Mehrheit für einen Einigungsvorschlag findet (§ 12 I, II GOVermA). Dann liegt die Verantwortung für den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens wieder bei BTag und BRat (BVerfGE 112, 118 (144)).
3. Zusammensetzung des Ausschusses
Art. 77 II 1 gibt vor, dass er aus Mitgliedern des BTags und des BRats zu bilden ist. Nach Art. 77 II 2 regelt die GO die Zusammensetzung des Vermittlungsausschusses. § 1 GOVermA sieht eine paritätische Zusammensetzung vor, wonach der Ausschuss aus je 16 Mitgliedern des BTags und des BRats besteht. Der BR entsendet unabhängig vom Stimmgewicht der Länder nach Art. 51 II je einen Vertreter jedes Landes in den Vermittlungsausschuss und folgt damit dem bundesstaatlichen Grundsatz der Staatengleichheit (BVerfGE 112, 118 (142)).
Der BTag wählt seine 16 Vertreter nach dem Verfahren der mathematischen Proportion von St. Laguë/Schepers. Führt dies nicht zu einer Wiedergabe der parlamentarischen Mehrheit, errechnet sich die Verteilung nach dem Verfahren von d’Hondt (BT-Drs. 16/75; BT-PlenProt. 16. Wahlp., 3, 69). Zu Recht hat das BVerfG das zuvor geübte Verfahren für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 112, 118), wonach das Verfahren nach St. Laguë/Schepers um einen Korrekturfaktor zugunsten der stärksten BTags-Fraktion modifiziert war. Der BTag unterliegt auch bei der Besetzung des Vermittlungsausschusses dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit, dh die 16 BTags-Mitglieder im Vermittlungsausschuss müssen nach Möglichkeit die Zusammensetzung des BTags-Plenums in seiner politischen Gewichtung widerspiegeln (BVerfGE 112, 118 (133, 140); 140, 115 (145, 153)). Dieser Grundsatz ist allerdings mit dem demokratischen Grundsatz der Mehrheitsentscheidung zu einem schonenden Ausgleich zu bringen. Dabei ist freilich zu beachten, dass das Mehrheitsprinzip in dem auf Verständigung und Ausgleich angelegten Vermittlungsausschuss nur eingeschränkte Prägekraft besitzt (BVerfGE 112, 118 (144)). Eine signifikant überproportionale Berücksichtigung der Mehrheitsfraktion bei der Verteilung der Ausschusssitze ist daher verfassungswidrig (BVerfGE 106, 253 (268 f.); 112, 118 (146 f.)). Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit ist hingegen nicht anwendbar auf die Zusammensetzung von informellen Gesprächskreisen und Arbeitsgruppen von Mitgliedern des Vermittlungsausschusses, die dazu dienen sollen, im Vorfeld einer Behandlung im Ausschuss Kompromissspielräume auszuloten (BVerfGE 140, 115 (154)).
4. Stellung der Ausschussmitglieder
Die Mitglieder des Vermittlungsausschusses sind nicht weisungsgebunden. Für die BRats-Mitglieder ist dies in Art. 77 II 3 ausdrücklich geregelt. Für die BTags-Mitglieder ergibt sich dies bereits aus Art. 38 I 2 und bedarf keiner erneuten Regelung in Art. 77.
V. Erneute Beschlussfassung im Bundestag
Schlägt der Vermittlungsausschuss eine Änderung oder Aufhebung des Gesetzesbeschlusses vor, hat der BT gem. Art. 77 II 5 in einer alsbaldigen und einzigen Beratung erneut Beschluss zu fassen. Der BTag darf den Einigungsvorschlag nur annehmen oder ablehnen. Eine Änderung ist nicht mehr zulässig (BVerfGE 112, 118 (139)). Wird das Gesetz gem. dem Einigungsvorschlag beschlossen, ist der Beschluss wiederum dem BR nach Art. 77 I 2 zuzuleiten. Stimmt der BTag hingegen einer vorgeschlagenen Aufhebung zu, ist das Gesetzgebungsverfahren endgültig gescheitert. Lehnt der BTag den Vermittlungsvorschlag ab oder konnte man sich im Vermittlungsausschuss nicht auf einen Vorschlag einigen, hat der BRat über den ursprünglichen Gesetzesbeschluss des BTags zu entscheiden.
VI. Verfahren bei Zustimmungsgesetzen
Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des BRats erforderlich ist, hat der BR im Anschluss an ein etwaiges Vermittlungsverfahren in angemessener Frist darüber zu beschließen, ob die Zustimmung erteilt oder versagt wird (Art. 77 IIa). Die Angemessenheit der Frist ist unter Berücksichtigung des Umfangs, der Schwierigkeit und der Bedeutung der behandelten Materie zu ermitteln. Trifft der BR innerhalb angemessener Frist keine Entscheidung über die Zustimmung und sind auch keine Anzeichen für eine baldige Zustimmung zu erkennen, ist das Schweigen als Versagung der Zustimmung zu werten. Über die Zustimmung entscheidet der BR mit der Mehrheit seiner Stimmen (Art. 52 III 1).
VII. Verfahren bei Einspruchsgesetzen
Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des BRats nicht erforderlich ist, kann der BR nach Abschluss des Vermittlungsverfahrens gem. Art. 77 III 1 Einspruch einlegen. Der BR besitzt dabei auch das Recht, einem seiner Meinung nach zustimmungsbedürftigen Gesetz seine Zustimmung zu verweigern und gleichzeitig für den Fall, dass das Gesetz nicht zustimmungsbedürftig sein sollte, vorsorglich Einspruch einzulegen (BVerfGE 37, 363 (396)). Versäumt er dies, kann eine verweigerte Zustimmung nicht in einen Einspruch umgedeutet werden.
Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen (Art. 77 III 1) und beginnt entweder mit dem Eingang des vom BTag erneut gefassten Beschlusses gem. Art. 77 II 5 oder – in allen anderen Fällen – mit dem Eingang der Mitteilung des Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses, dass das Vermittlungsverfahren abgeschlossen ist (Art. 77 III 2). Wird die Frist überschritten, ist der Einspruch nicht mehr zulässig und unbeachtlich. Es handelt sich um eine Ausschlussfrist. Ein Einspruch muss nicht begründet werden und kann bis zur Beschlussfassung des BTags über die Zurückweisung des Einspruchs (Art. 77 IV) jederzeit zurückgenommen werden.
Beim Einspruch des BRats handelt es sich, anders als bei einer verweigerten Zustimmung, lediglich um ein aufschiebendes Veto, sofern der BTag den Einspruch überstimmt und damit zurückweist. Hatte der BR seinen Einspruch mit der Mehrheit der Stimmen (Art. 52 III 1) beschlossen, kann der BTag den Einspruch nach Art. 77 IV 1 mit der Mehrheit seiner Mitglieder (Art. 121) durch Beschluss zurückweisen. Hatte der BRat den Einspruch hingegen mit einer Mehrheit von mindestens 2/3 seiner Stimmen beschlossen, so bedarf die Zurückweisung durch den BTag einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen, die zudem mindestens die Mehrheit der Mitglieder des BTags ausmachen müssen (Art. 77 IV 2). Kommt es im BTag nicht zu einer Überstimmung des BRats-Einspruchs, ist das Gesetz gescheitert und der Einspruch hat die Wirkung eines endgültigen Vetos.