Artikel 50 [Aufgabe]
Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mit.
Der BR ist eine „Bundesföderalkammer“, ein Verfassungs- und oberstes Bundes-, nicht ein Länderorgan (BVerfGE 1, 299 (311); 8, 104 (120)). Über den BR üben die in ihm mehrheitlich entscheidenden Länder Bundesgewalt aus, entspr. deutscher Verfassungstradition (Art. 6 RV 1871, Art. 60 WRV), mit nach dem GG nun erheblichem, mitentscheidendem Gewicht: Die Länder arbeiten einzeln auch außerhalb der BRats-Zuständigkeiten mit der Staatsgewalt des Bundes vielfältig zusammen, etwa in Anwendung/Ausführung von Bundesgesetzen oder über Länderorganisationen (Landesministerkonferenzen); insoweit wird dann Landes-, nicht Bundesgewalt ausgeübt.
Nur die im GG ausdrücklich festgelegten Zuständigkeiten hat der BR; sie dürfen erweiternd lediglich nach notwendigem Sachzusammenhang, nicht nach „Natur der Sache“ bestimmt werden. Weitere Kompetenzen können dem BR durch Bundesgesetz nur in diesem grundgesetzlichen Rahmen, in „Mitwirkung bei Gesetzgebung und Verwaltung“ und in Ausübung von deren einzelnen Zuständigkeiten, zugewiesen werden (hL; krit. MKS/Korioth Art. 50 Rn. 25).
Die Gesetzgebung betreffen die Rechte des BRats zur Gesetzesinitiative, zu Zustimmungen zu Gesetzesbeschlüssen des BTags in zahlreichen Fällen, das allg. Recht zur Anrufung des Vermittlungsausschusses (Art. 77 II) sowie zum Einspruch (Art. 77 III, IV) gegen nichtzustimmungsbedürftige Beschlüsse des BTags. Im Gesetzgebungsnotstand ersetzt die Zustimmung des BRats die Entscheidung des BTags (Art. 81 II, III). All dies gilt auch nach Art. 59 II für völkerrechtliche Verträge. Verwaltungs-(Exekutiv-)Rechte des BRats (Art. 20 III) ergeben sich ebenfalls aus vielen GG-Bestimmungen; sie betreffen insbes. wichtige Zustimmungsrechte zu RVOen, etwa nach Art. 80 II und Verwaltungsvorschriften, zB Art. 84 II, 85 II 1, all dies auch im Bereich der Auswärtigen Gewalt (Art. 59 II), sowie eigenständige Interzessionsrechte im Krisen- und im Verteidigungsfall, zB Art. 35 III, 115a, l.
Diese Kompetenzen sind, im Einzelnen wie insgesamt, derart gewichtig, dass der BR als eine „Zweite Kammer“ anzusehen ist (aA BVerfGE 37, 363 (380)), denn dies verlangt begrifflich nicht volles Gleichgewicht im Einzelnen. Jedenfalls sind die Rechte des BRats nicht, etwa zugunsten des BTags, grds. einschränkend zu bestimmen (problematisch BVerfGE 105, 313 (339)). Unnütz ist die Diskussion über „parteipolitische Blockadepolitik“ im BR (vgl. MKS/Korioth Art. 50 Rn. 17 f.): sie ist ohne jede rechtliche Beschränkung zulässig. – Der BR ist weder wahldemokratisch legitimiert wie der BT (Art. 51 Rn. 1), noch beachtet die Aufgabenzuweisung an ihn die Gewaltenteilung (Art. 20 II, III); seine Stellung ist aber durch die übergeordnete Staatsformbestimmung „Bundesstaat“ (Art. 20 I) nach deutschem Verfassungsverständnis legitimiert.
Zu „Angelegenheiten der EU“ s. Art. 23, dort insb. die einzelnen Befugnisse des BRats gem. Art. 23 Abs. 1a, Abs. 2 S. 2, Abs. 4–7.