Artikel 130 [Überleitung von Verwaltungs- und Rechtspflegeeinrichtungen]
(1) 1 Verwaltungsorgane und sonstige der öffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege dienende Einrichtungen, die nicht auf Landesrecht oder Staatsverträgen zwischen Ländern beruhen, sowie die Betriebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbahnen und der Verwaltungsrat für das Post- und Fernmeldewesen für das französische Besatzungsgebiet unterstehen der Bundesregierung. 2 Diese regelt mit Zustimmung des Bundesrates die Überführung, Auflösung oder Abwicklung.
(2) Oberster Disziplinarvorgesetzter der Angehörigen dieser Verwaltungen und Einrichtungen ist der zuständige Bundesminister.
(3) Nicht landesunmittelbare und nicht auf Staatsverträgen zwischen den Ländern beruhende Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes unterstehen der Aufsicht der zuständigen obersten Bundesbehörde.
Diese Bestimmung regelt den Übergang auf den Bund für alle vor Inkrafttreten des GG bestehenden Verwaltungs- und Rspr.-Einrichtungen, sofern sie nicht auf Landesrecht oder auf Staatsverträgen zwischen den Ländern beruhen. Art. 130 geht dabei den Art. 87 ff. in formeller Hinsicht vor. Die materiellen Schranken, die der Organisationsbefugnis des Bundes in Art. 87 ff. gezogen sind, sind aber auch im Rahmen von Art. 130 zu beachten. Art. 130 setzt voraus, dass die Einrichtung als Bundesbehörde oder als Bundesgericht nach der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern sowie in sachlicher Hinsicht zulässig wäre (DHS/Klein Art. 130 Rn. 15; Jarass/Pieroth/Jarass Art. 130 Rn. 2). Durch die Übernahme von Rechtspflegeeinrichtungen des Reiches darf der Kreis der Bundesgerichte über die abschließende Festlegung in Art. 96 hinaus daher nicht erweitert werden (BVerwGE 32, 21 (23)). Möglich ist allenfalls die Eingliederung in ein nach Art. 96 errichtetes Bundesgericht.
Art. 130 I regelt die Übernahme von Rspr.- und Verwaltungseinrichtungen, wobei zwei Verwaltungseinrichtungen der französischen Besatzungszone, die Betriebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbahnen und der Verwaltungsrat für das Post- und Fernmeldewesen, ausdrücklich genannt werden. Unter Art. 130 I fallen sämtliche der öffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege dienenden Einrichtungen, die entweder durch Reichsrecht, durch Besatzungsrecht oder durch bizonales Recht errichtet worden waren. Mit Einrichtungen der Rechtspflege gemeint waren der Oberste Gerichtshof für die britische Zone und das Deutsche Obergericht für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet (BK/Waldhoff Art. 130 Rn. 10).
Die übergeleiteten Einrichtungen unterstehen nach Art. 130 I 1 der BReg. Art. 130 II bestimmt, dass die Beschäftigten der übernommenen Einrichtungen dienstrechtlich dem zuständigen BMinister unterstellt sind. Mit Zustimmung des BRat kann die BReg nach Art. 130 I 2 die Überführung in die Bundesverwaltung, die Auflösung oder die Abwicklung der übernommenen Einrichtungen regeln. Die Form des Aktes, mit dem eine Überführung, Auflösung oder Abwicklung angeordnet wird, legt Art. 130 I 2 nicht fest. War die übergeleitete Einrichtung durch Rechtsvorschrift gegründet worden, muss die Überführung, Auflösung oder Abwicklung iF einer RVO erfolgen (Sachs/Sachs Art. 130 Rn. 7), ansonsten bedarf es lediglich einer Verwaltungsvorschrift (DHS/Klein GG Art. 130 Rn. 21; BK/Waldhoff Art. 130 Rn. 16). Eine Überführung in den Bereich des Bundes ist nur möglich, sofern dies auch nach den allg. Bestimmungen zu den Verwaltungs- und Rspr.-Kompetenzen des Bundes möglich wäre (Dreier/Hermes Art. 130 Rn. 16).
Sofern es sich bei den Einrichtungen nach Art. 130 I 1 um juristische Personen des öffentlichen Rechts handelt, die weder landesunmittelbar sind noch auf Staatsverträgen der Länder beruhen, unterstehen sie nach Art. 130 III, der insoweit eine gegenüber Art. 130 I speziellere Regelung enthält, der Aufsicht der zuständigen obersten Bundesbehörde. Erfasst werden alle Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung, also auch die nicht ausdrücklich genannten Stiftungen des öffentlichen Rechts (v. Münch/Kunig/Mager/Bickenbach Art. 130 Rn. 14; BK/Waldhoff Art. 130 Rn. 19). Eine Landesaufsicht über die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen war daher nicht zulässig (BVerwG NVwZ 1988, 250).