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Artikel 34 [Haftung bei Amtspflichtverletzung]

1 Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. 2 Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. 3 Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

I. Amtshaftungsrecht: Der Verfassungsgehalt des Art. 34 S. 1

1. Schuldübernahme durch den Staat

Art. 34 S. 1 regelt als Institutsgarantie (BVerfGE 61, 149 (199)) die „Staatshaftung“ (Erweiterung von „Amtshaftung“, BVerfGE 61, 149; 74, 25). Soweit aus „Amtspflichtverletzungen einem Dritten Ansprüche“ entstehen, trifft die „Verantwortlichkeit“ dafür „grundsätzlich“ die Anstellungskörperschaft: Bund, Länder, juristische Personen des öffentlichen Rechts (i. Folg. „Staat“; zu den Begriffen im Einzelnen (Rn. 10 ff.). Im Einzelnen ist das Recht der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen (vgl. Ahrens, Staatshaftungsrecht, 3.Aufl. 2018; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013) ein herkömmliches Rechtsgebiet des Allg. Verwaltungsrechts, als solches durch Richterrecht entfaltet (vgl. dazu v. MKS/Danwitz Art. 34 Rn. 24 ff.). Verfassungsmaßstäbe sind nur (einzelne) Grundsätze nach Art. 34 (und 14).

Art. 34 S. 1 beinhaltet lediglich eine befreiende Schuldübernahme der Haftung des jew. Amtswalters (§ 839 I BGB „Beamten“; BVerfGE 61, 149 (199) – ganz hL; vgl. auch Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 3), in dessen Interesse und dem der Staatsorganisation. Dies erklärt die systematische Stellung im „Beamtenverfassungsrecht“ des GG. Es entspricht dies der eigenständigen Entwicklung des öffentlichen Haftungsrechts als Schadensersatzrecht. Stets wurden – vor allem auch im Privatrecht – „Rechtswidrigkeitswirkungen auf die Rechtsakte selbst“ von denen auf ihre Folgen, iSv deren „Wiedergutmachung“ durch Schadensersatz/Entschädigung, unterschieden. So entfaltete sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit als Hüterin der Legalität bereits im 19. Jh. eigenständig gegenüber frühen Formen der Amtshaftung; jene Entwicklung führte verfassungsrechtlich zur Generalklausel des Art. 19 IV, diese lediglich zur Schuldübernahme nach Art. 34, wie bereits nach Art. 131 WRV (vgl. RGZ 102, 391 (393)). Daher sind auch gegenwärtig noch immer Gewährung/Feststellung von Aufhebbarkeit/Nichtigkeit („Primärrechtsschutz“) von dieser Folgenbeseitigung iwS nach Art. 34 (Verantwortlichkeit) („Sekundärrechtsschutz“) streng zu trennen (vgl. BVerfGE 58, 300 (322)). Ob und Wie eines Primärrechtsschutzes sind grds. ohne Bedeutung für Amtshaftung (BVerfGE 61, 149 (198); BVerfG [K] NVwZ 1998, 272).

Auf die Rechtsansprüche der durch die Amtswaltung Betroffenen (Dritten; Rn. 18) bezieht sich Art. 34 S. 1, nur insoweit beinhaltet er unmittelbar geltendes (Verfassungs-)Recht, nicht aber ein Grundrecht (BVerfGE 2, 336 (338 f.); DHS/Papier Art. 34 Rn. 13; unentschieden Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 5), weder nach systematischer Stellung noch nach Tradition; denn die einfach-gesetzliche beamtenrechtliche Norm, an die Art. 34 (immer noch wesentlich) „angeseilt“ ist (§ 839 BGB), stellt keine Grundrechtsnorm mit Drittwirkung dar. Art. 34 S. 1 wird aber als institutionelle Garantie der Amtshaftung verstanden (BVerfGE 61, 149 (176, 198 f.); DHS/Papier Art. 34 Rn. 13) und soll insoweit einen normativen „Mindestgehalt“ gewährleisten (DHS/Papier Art. 34 Rn. 15). Art. 34 garantiere „grundsätzlich“ eine Amtshaftung in seinem Anwendungsbereich (BVerfGE 61, 149 (198 ff.); BGHZ 76, 375 (376) – stRspr). Daher könne diese Haftung durch einfaches Gesetz nur aus gewichtigen sachlichen Gründen vom Gesetzgeber oder durch Richterrecht ausgeschlossen werden (DHS/Papier Art. 34 Rn. 13); dabei müsse aber jedenfalls ihr „Kern“ unberührt bleiben, und es müssten die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Was allerdings ein solcher „Amtshaftungskern“ sei, was seine Gewährleistung an Beschränkung oder Ausschluss der Haftung verbiete, ist bisher weithin ungeklärt. Gesetzliche Ausnahmen von der Staatshaftung werden weitestgehend geduldet (vgl. Rn. 27 ff.); Gleichheit und Verhältnismäßigkeit binden den einfachen Gesetzgeber unabhängig von Art. 34. Eine Verfassungsgarantie der Amtshaftung aus Art. 34 S. 1 beschränkt sich auf eine Reihe von einzelnen Regelungen.

2. Keine Amtshaftung für jeden staatsverursachten Schaden

Art. 34 S. 1 erfasst nicht jeden, sondern nur den durch Amtswalterverhalten verursachten Schaden (§ 839 BGB; Rn. 2; zur aktuellen Rechtsprechung zum Amtshaftungsrecht (BGH) vgl. Berkemann DVBl 2021, 76;), daher garantiert er grds. keine Ansprüche aus rechtswidriger Schädigung ohne Beamtentätigkeit oder aus Schädigung durch Normsetzung („legislatives Unrecht“ (Rn. 20, 24). In Art. 34 ist normativ zur „Amtstätigkeit“, zum geschädigten „Dritten“, zum Amtswalterverschulden nichts Näheres geregelt, obwohl die Gesetzesbindung von Exekutive und Judikative (Art. 20 III) dafür spräche, hier klare gesetzliche Grundlagen zu verlangen. Amtshaftungsrecht ist weithin Richterrecht (vgl. BVerfGE 78, 214 (227); 80, 257 (265); 87, 273 (278)).

Das Amtshaftungsrecht weist also ein rechtsstaatliches Regelungsdefizit auf (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 3). Dieses kann nicht aus (anderen) Verfassungsbestimmungen aufgefüllt werden, etwa allg. unter Hinweis auf die Rechtsstaatlichkeit und deren Bedeutung für die Staatshaftung (vgl. BVerwGE 94, 100 (117); BGHZ 11, 197 (218)), oder gar auf die Sozialstaatlichkeit (vgl. v. MKS/Danwitz Art. 34 Rn. 40 ff.), mit deren solidarischer Umverteilung ein Haftungsausgleich für schuldhafte Rechtswidrigkeit nichts zu tun hat. Noch weniger überzeugt ein „Erst-recht-Rückgriff „ auf die „Gesetzesbindung der Verwaltung“, die ein aliud ist gegenüber der Kompensation von Schaden, welcher aus Verletzung der Legalität entstanden ist (Rn. 2). Es besteht also ein dringendes Bedürfnis nach Regelung, welche auch allg. gefordert wird. – Das Staatshaftungsgesetz des Bundes wurde jedoch 1982 aus Gründen der Gesetzgebungskompetenz kassiert (BVerfGE 61, 149), eine neue gesetzliche Regelung ist trotz mancher legislativen Bemühungen (vgl. Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 13 ff.) nicht in Sicht, vor allem wohl wegen der Besorgnisse vor den weitreichenden finanziellen Folgen im föderalen und kommunalen Bereich.

Ein normativ bindender Gesetzgebungsauftrag lässt sich Art. 34 S. 1 jedoch nicht entnehmen (vgl. auch MKS/v. Danwitz Art. 34 Rn. 43 hinsichtlich der Qualität als Verfassungsauftrag). Daher bleibt es, trotz verbreiteter verfassungsrechtlicher Bedenken sowie Forderungen an den einfachen Gesetzgeber dabei: Für weite Bereiche staatsverursachter Schäden (Rn. 4) gibt es keinen haftungsrechtlichen Ausgleichsanspruch nach Verfassungsrecht. Was die Judikative als „Richterrecht“ in diesen Räumen und zu den in Art. 34 S. 1 erwähnten Kernbegriffen an Normen gesetzt hat, gilt als einfaches Gesetzesrecht, soweit das BVerfG hierin nicht Verfassungs-Richterrecht sieht. Die Gerichtsbarkeit kann hier – wie bisher – punktuell verfahren. Um Lückenfüllung im herkömmlichen Sinne geht es nicht, von einem „Verfassungssystem“ eines (einheitlichen) Staatshaftungsrechts muss weder die Gerichtsbarkeit noch – später – der Gesetzgeber ausgehen. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung der Wiedergutmachung jedes öffentlich verursachten Schadens, unabhängig vom Verursacher und dessen Verschulden, gibt es nicht (vgl. DHS/Papier Art. 34 Rn. 15); sie könnte nur durch Verfassungsergänzung geschaffen werden. Der Gesetzgeber kann aber künftig über die bisherige weitestgehend richterrechtlich bestimmte Rechtslage hinausgehen, deren Ansprüchlichkeiten erweitern; insbes. kann er eine allg., unmittelbare, verschuldensunabhängige Staatshaftung einführen.

3. Staatshaftung: „Verfassung nach (einfachem) Gesetz“

Für die Rechtspraxis gilt gegenwärtig in dieser wenig befriedigenden Lage verfassungsrechtlich: Grundlage der Staatshaftung ist einfaches Gesetzesrecht und das dieses konkretisierende Richterrecht (MKS/v. Danwitz Art. 34 Rn. 24 f.). Trotz des „Mitzitierens“ von Art. 34 neben seiner „Haltenorm“ (§ 839 BGB) bleiben allg. Hinweise auf Staatsaufgaben, Staatsorganisation, Rechtsstaatlichkeit so vage, dass sich daraus weder fassbare Voraussetzungen noch Rechtsfolgen ableiten lassen. Das einfache Gesetzesrecht, etwa § 839 BGB, kann nicht global als durch Art. 34 „konstitutionalisiert“, nicht sämtliche zivil- und verwaltungsgerichtliche Erkenntnisse zum Staatshaftungsrecht dürfen als Verfassungsrechtsprechung angesehen werden. Diese (verfassungs-)rechtliche Lage könnte sich nur durch flächendeckende Grundsatzentscheidungen des BVerfG ändern – oder im Wege einer Verfassungsreform, die aber zugleich tiefgreifende Veränderungen des gesamten Staatsorganisationsrechts (Staatsaufgaben) und der föderalen, auch der finanzrechtlichen, Verantwortlichkeit zur Folge hätte.

Die Rechtspraxis kann sich daher in diesem Bereich gegenwärtig nur sehr zurückhaltend an den vielfältigen Bemühungen der Verfassungslehre orientieren, in denen sich – verständlicherweise – rechtspolitische und rechtstheoretische Überlegungen mit Feststellungen zum geltenden Recht verbinden. Dies Letztere bieten am besten zivilrechtliche Kommentierungen und Gesamtdarstellungen des „Staatshaftungsrechts“ (etwa Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 2013); dessen Entwicklung verläuft in höchst differenzierenden, weithin von privatrechtlichen Interessenwertungen geprägten Bahnen. – I. Folg. werden daher, verfassungsrechtlichem Herkommen folgend, nur die größeren Leitlinien bisheriger, vor allem zivilrechtlicher, Rspr. dargestellt. Wenn man demgegenüber von einem bedeutsamen verfassungsrechtlichen Eigen- (oder Kern-)Gehalt des Staatshaftungsrechts ausgehen will, so sind es, allenfalls, diese richterrechtlichen Präzisierungen, auf die etwas wie „verfassungsrechtlicher Verlass“ ist.

4. Prüfungsreihenfolge bei der Amtshaftung

Der Amtshaftungsanspruch, auf den allein Art. 34 S. 1 sich bezieht, ist in folgender Reihenfolge zu prüfen:

  • Verhalten eines „Jemand“ (→ Rn. 10)
  • Vorliegen „eines öffentlichen Amtes“ (→ Rn. 11)
  • Verletzung einer Amtspflicht (→ Rn. 11 ff.)
  • Schadensverursachung durch Ausübung des Amtes (→ Rn. 14)
  • Drittgerichtete Amtspflicht (→ Rn. 15 ff.)
  • Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden (→ Rn. 22 f.)
  • Schuldhafte Schadensverursachung (→ Rn. 24 ff.)
  • Haftungsbeschränkung/Haftungsausschluss (→ Rn. 27 ff.)

II. Ausübung eines öffentlichen Amtes

1. „Jemand“

Haftungsbegründend ist stets und ausschließlich ein Verhalten, das nach der ausgeübten staatlichen Funktion inhaltlich zu bestimmen ist (BGHZ 147, 169 (171)), nicht nach der Person des Amtswalters. Auf einen Rechtsträger muss das Verhalten jedenfalls zurückführbar, es muss dabei aber nicht eine handelnde/unterlassende natürliche Person individualisierbar sein; „Organisationsverschulden“ genügt (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 53). Ob juristische Personen oder Personengesellschaften als solche „Jemand“ sein können, ist allenfalls für den Rückgriff auf den Haftungsverpflichteten (Rn. 33) von Belang. Für den Staat selbst lässt es S. 2 offen, was, im Zusammenhang mit der herrschenden Schuldübertragungslehre (Rn. 2), dafür spricht, dass nur natürliche Personen als „Jemand“ Staatshaftung auslösen können.

2. Öffentliches Amt

Haftungsbegründend ist das Verhalten der Organwalter, es sind dies, nach herkömmlicher verwaltungsrechtlicher Terminologie (vgl. Art. 131 WRV), die sog. „Beamten im haftungsrechtlichen“ (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 16), nicht im beamtenrechtlichen (Art. 33 IV, V) Sinn. Der Begriff ist weit gefasst. Nach hL unterfallen ihm alle Personen, die öffentliche Aufgaben, dh solche von Bund, Ländern, juristischen Personen des öffentlichen Rechts (insbes. Gemeinden) und Kirchen (BGH NJW 2003, 1308; vgl. Art. 140 GG iVm Art. 137 WRV), in Rechtsformen des öffentlichen Rechts wahrnehmen (DHS/Papier Art. 34 Rn. 122). Solche Rechtsformen sind jedenfalls alle Verhaltensweisen, die den Einsatz von Hoheitsgewalt ermöglichen oder gar verlangen. Darüber hinaus soll es darauf ankommen, ob der Gegenstand des Verhaltens iwS einem Tätigkeitsbereich nahesteht, der hoheitlich geprägt ist (BVerwGE 111, 162 (164) – stRspr); dies soll auch für rein tatsächliches Verhalten gelten (BGHZ 154, 55 (57)). Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Formen des Privatrechts, welche die Aufgabenträger frei wählen dürfen, etwa in der Daseinsvorsorge, die weithin in privatrechtlichen Formen betrieben wird, löst keine Amtshaftung aus (BGH NJW 1973, 1652), für sie gelten §§ 823, 831 BGB, nicht Art. 34 S. 1 (DHS/Papier Art. 34 Rn. 122).

Zur Abgrenzung der Amtshaftung von der zivilrechtlichen Haftung (vgl. hierzu auch ausf. Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 20): Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (vgl. MKS/v. Danwitz Art. 34 Rn. 67) durch staatliche Instanzen beurteilt sich wie gleiches Verhalten privater Verpflichteter nach Privatrecht, da es der Hoheitstätigkeit nicht nahesteht, während Fehler bei der hoheitlichen Verkehrsregelung Amtshaftung auslösen können. Bei der Benutzung öffentlicher Einrichtungen kommt es darauf an, ob diese hoheitlich oder in privater Gleichordnung geregelt ist (vgl. BGH NJW 1981, 341 (342)), eine von der Verwaltungsgerichtsbarkeit angenommene Vermutung für Ersteres (vgl. MKS/v. Danwitz Art. 34 Rn. 68) lässt sich nicht begründen. Rechtsverletzungen, etwa der Intimsphäre, durch öffentlich-rechtliche Medien, beurteilen sich nach Privatrecht, es sei denn, sie erfolgen in Nähe zur Hoheitstätigkeit, wie bei Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und Verwaltung. Zur Teilnahme am allg. Straßenverkehr vgl. Rn. 14. Die früher viel kritisierte Diskrepanz zwischen zivilrechtlicher Haftung für Bahn-, Amtshaftung für Postbetrieb ist durch Art. 87f II 1 nF iSd Ersteren bereinigt.

Amtswalter sind im Einzelnen die Beamten iSv Art. 33 IV, V und die Inhaber öffentlicher Ämter wie Regierungsmitglieder (vgl. BGHZ 78, 41 (44)), aber auch Volksvertreter in Bund, Ländern sowie in den Gemeinden (BGHZ 59, 310 (313); zu ihrer normgebenden Tätigkeit vgl. Rn. 20), ferner die mit Hoheitsgewalt Beliehenen (BGHZ 118, 304 (308 f.); Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 19), Piloten, Kapitäne, TÜV-Mitarbeiter (BGHZ 49, 108 (111); 122, 85 (90)), Feuerwehrleute (BGHZ 20, 290 (292)). Private, welche im Auftrag von Trägern öffentlicher Aufgaben tätig sind und deren Weisungen unterliegen, können Haftung auslösen, wenn sie als deren „Werkzeug“ tätig werden (BGHZ 70, 212 (216)), wobei es auf das Außenverhältnis zu Dritten ankommt und je nach Nähe der ihnen übertragenen Tätigkeit zu den hoheitlichen Aufgaben der übertragenden Aufgabenverantwortlichen zu entscheiden ist (BGHZ 121, 161 (167), bejahend beim Abschleppdienst). Bei Verwaltungshelfern (vgl. dazu BGH NJW 1992, 1227; 1996, 2431 f.; DHS/Papier Art. 34 Rn. 111) ist Amtshaftung bei untergeordneter Tätigkeit zu verneinen.

3. Amtsausübung

Ein enger Zusammenhang ist erforderlich zwischen Amtsausübung und Schadenszufügung (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 48), sowohl nach den äußeren Umständen wie nach der wesensmäßigen Zielsetzung der Amtstätigkeit. Ein lediglich „bei Gelegenheit“ der Amtstätigkeit entstandener Schaden genügt nicht (BGHZ 69, 128 (132 f.); 108, 230 (232) – stRspr). Teilnahme am allg. Straßenverkehr kann „dienstlich“ sein (BGHZ 42, 176 (180); BGH NJW 1992, 1227 – stRspr), aber nur, wenn sie in engem Zusammenhang mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen steht (vgl. zu „Dienstfahrten“ § 35 StVO). Wird ein Schaden durch Amtsmissbrauch oder Amtsanmaßung zugefügt, iwS der Ausnutzung der dienstlichen Stellung, so löst dies jedenfalls Amtshaftung aus (vgl. BGHZ 96, 45 (57); 108, 230 (232); einschränkend DHS/Papier Art. 34 Rn. 155). Es kommt dabei auf die Sicht des geschädigten Dritten an, der die innere Organisation des Aufgabenträgers meist nicht durchschauen kann, bei Amtsanmaßung auch auf die der Staatsinstanz, die ein solches Verhalten uU erleichtert (Organisationsverschulden).

III. Verletzung von Amtspflichten gegenüber Dritten

1. Amtspflichtverletzung – Rechtswidrigkeit

Amtspflichtverletzung (vgl. § 839 I BGB) ist lediglich die verbale Umschreibung einer Voraussetzung, die sich bereits aus dem Begriff der Amtshaftung ergibt: Solche Ansprüche setzen stets rechtswidriges Verhalten des Haftungsverpflichteten voraus (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 35), hier also der Amtswalter, und an ihrer Stelle sodann des öffentlichen Aufgabenträgers. Verletzt müssen Rechtsregeln sein, deren Wahrung das Amt verlangt; Haftung ohne Rechtswidrigkeit gibt es nicht, sondern allenfalls Entschädigungspflichten (vgl. Rn. 36). Die Schutzgüter dieses Rechtswidrigkeitsverbots können über Rechtspositionen der Verletzten (so § 823 I BGB) oder Verpflichtungen möglicher Schädiger (so § 823 II BGB) durch besondere Schutzgesetze näher bestimmt werden. Art. 34 S. 1 eröffnet beide Wege, Amtspflichtverletzungen können sich dabei aus Verstoß gegen einfaches Gesetzesrecht oder gegen (andere) Verfassungsnormen ergeben.

Rechtmäßig muss die Tätigkeit sämtlicher Amtswalter sein, insbes. gesetzesgemäß (Art. 20 III). Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit ergeben sich im Einzelnen aus allen materiellen Rechtsnormen des Gemeinschafts-, Verfassungs-, Gesetzes-, Rechtsverordnungs- und Satzungsrechts; deren Normstufung verbietet, dass nachgeordnete Normgeber, etwa Länder gegenüber dem Bund (Art. 31), Gemeinden gegenüber Bund und Land abweichende Amtspflichten festlegen (BGHZ 117, 363 (365 f.); 142, 259 (263 ff.)). Rechtswidrig ist auch ein Verstoß gegen VerwaltungsVOen (Erlasse) (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 30), soweit diesen nach dem Willen des jew. Gesetzgebers Außenwirkung zukommt, etwa durch Normkonkretisierung, Ermessenslenkung (BGH NVwZ-RR 2000, 746; NJW 2001, 3054), sowie gegen innerbehördliche Einzelweisungen, soweit sie durch Normen gedeckt sind, welche Schutzwirkungen nach außen entfalten sollen (BGHZ 84, 292 (301); 92, 34 (51 f.)).

Allg. Verpflichtungen ergeben sich aus der Gesetzesbindung iSd Rechtsstaatlichkeit (vgl. BGHZ 117, 240 (244)) für das Verhalten aller Amtswalter: Durchgehend ist die Verhältnismäßigkeit zu beachten (BGHZ 55, 261 (266); BGH ZIP 1990, 805), formell die Zuständigkeitsordnung (BGH NJW 1992, 3229) und das Verfahrensrecht (BGHZ 63, 319 (325)), was auch Verzögerungen ohne hinreichenden Grund verbietet, unabhängig von § 75 VwGO (BGH NJW 1993, 299). Inhaltlich müssen sich die Amtswalter konsequent verhalten (BGHZ 137, 344 (346)), auch Ermessensfehler vermeiden (vgl. § 40 VwVfG, § 114 VwGO; BGHZ 118, 263 (271)). Insbes. müssen alle ihre amtlichen Informationen, Aufklärungen, Auskünfte, Warnungen, richtig, klar, eindeutig und vollständig sein (vgl. BGHZ 66, 302 (306 ff.); 155, 354 (357); BGH NVwZ 2002, 374; Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 33), soweit dies der Schutz des Vertrauens Betroffener verlangt (vgl. BGHZ 76, 343 (351)), das aber nicht immer bereits zu einer Inswerksetzung geführt haben muss.

2. Drittgerichtete Amtspflicht

Die Rspr. verlangt, unter Berufung auf § 823 BGB (BGHZ 65, 196 (198); 110, 1 (8 f.) – stRspr), dass die staatshaftungsbegründende Amtspflicht drittschützend wirken muss. Im Einzelnen regelt dies die Gesetzgebung (Rn. 16; Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 36), wobei sie (bisher) entgegenstehendes Richterrecht korrigieren kann (vgl. KreditwesenG, BGBl. 1984 I 1693 gegenüber BGHZ 74, 144 (147)). Bestimmung der Drittrichtung kann auch durch rechtmäßige Einzelweisung auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Allg. ist eine Tendenz zur Erweiterung des Drittschutzes im Haftungsrecht festzustellen, der aber nicht dem des Primärschutzes durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit (§§ 42 II 1, 113 I 1 VwGO) entsprechen muss.

Die Drittrichtung wird grds. nach der sog. Schutzzwecktheorie (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 38) bestimmt, danach also, ob nach dem Inhalt der Gesetzesbestimmung, welche die Amtstätigkeit regelt, der Schutz gerade des Geschädigten (auch) deren Ziel ist (BGHZ 56, 40 (45); 126, 386 (393) – stRspr). Das dazu von der Rspr. entwickelte Kriterium der „besonderen Beziehung“ des Verhaltens zum Dritten (BGHZ 146, 365 (368) – stRspr) ist jedoch inhaltsleer und hat zu einer „kaum mehr handhabbaren Kasuistik“ (so krit. MKS/v. Danwitz Art. 34 Rn. 86 f.; krit. auch Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 40), in Wahrheit weithin zu einer unvorhersehbaren Billigkeitsrechtsprechung geführt (Überblick bei MüKo/Papier/Shirvani BGB § 839 Rn. 227 ff.). Dabei soll primär nach gegenständlichen Kriterien entschieden werden (BGHZ 134, 268 (276)), allg. danach, ob der Zweck des betr. Gesetzes über die Sicherstellung einer geordneten Amtstätigkeit hinausreicht (vgl. BGHZ 153, 198 ff.). Da dies in reine Einzelfalljudikatur zu münden droht, wird versucht, den Drittschutz nach personellen Gesichtspunkten einzugrenzen, danach, ob ein (besonders) geschützter Personenkreis innerhalb der generell durch Staatstätigkeit zu schützenden Allgemeinheit erkennbar ist, also „individualisiert“ werden kann (vgl. BGHZ 110, 1 (9) – stRspr; Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 43). Dies ist etwa bei Beteiligtenstellung im betr. Verfahren oder aufgrund von Vertragsbeziehungen der Fall. IdR ist es jedoch nicht ausreichend, dass die geschädigten Interessen erst als Folge ihrer schuldrechtlichen Beziehungen zu den unmittelbar von der Amtspflicht betroffenen Unternehmen bzw. Dritten berührt werden (BGHZ 195, 276 (288)). Dies alles gilt auch für Hoheitsträger als Geschädigte, wenn sie nicht in dieser Eigenschaft, sondern wie Private die Adressaten der Amtstätigkeit sind (BGHZ 116, 312 (315); 198, 374 – stRspr).

Bei sog. „legislativem Unrecht“, dh Schadenszufügung durch Normsetzung, nicht in normanwendender Amtstätigkeit, wird Drittrichtung grds. verneint (BGHZ 56, 40 (44); 84, 292 (399) – stRspr; vgl. allerdings Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 43, der auf die zT abweichenden Stimmen der Literatur hinweist), mit dem wenig überzeugenden Argument, die Allgemeinheit des Gesetzes schließe die Individualisierbarkeit einer besonders geschützten Gruppe aus – obwohl sich doch gerade aus einem Gesetz deren besondere Schutzwürdigkeit ergeben kann, damit auch die (implizite) Zulassung einer Amtshaftung durch den jew. Gesetzgeber. In Wahrheit soll damit wohl einer (schwer absehbaren) finanziellen Staatsbelastung entgegengewirkt werden – eine Ausnahme gilt, wenn es um die Umsetzung von Unionsrecht geht, das bestimmte Ansprüche Dritter schützt (EuGH EuZW 1999, 635).

Die Voraussetzung drittgerichteter Amtstätigkeit ermöglicht dem Gesetzgeber, vor allem aber der Rspr., eine, nur sehr allg. gleichheitsgebundene, nahezu beliebige Einschränkung der Amtshaftung. Insoweit ist Art. 34 eine Verweisungsnorm ohne eigene inhaltliche Substanz ist (vgl. Rn. 3). Die (frühere) Maxime „Dulde und Liquidiere“ wird durch solche Bemühungen, die Staatsfinanzen zu schützen, eher in ihr Gegenteil verkehrt.

IV. Kausalität des Schadens

Einen durch die Amtspflichtverletzung entstandenen Schaden setzt Amtshaftung voraus. Dieser bestimmt sich – entspr. dem Zivilrecht – nach der Differenz zwischen der Rechtsgüterlage des Betroffenen vor und nach der pflichtwidrigen Amtshandlung (BGHZ 171, 129 (136)) und umfasst daher auch einen entgangenen Gewinn. Jeder (im)materielle Schaden ist insoweit zu ersetzen, nicht nur soweit er durch Verletzung der Rechtsgüter nach § 823 I BGB entstanden ist (§ 839 I BGB). Der Schaden bestimmt auch die Art seiner Wiedergutmachung, grds. durch Naturalrestitution (§ 249 BGB; vgl. aber § 251 BGB; Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 75 f.). Die Rspr. lässt jedoch nur Schadensersatz durch Geld zu, soweit andernfalls eine Amtshandlung zu erbringen wäre, zu der der Beamte „als Privatperson“ nicht verpflichtet werden könnte (BGHZ 34, 99 – stRspr). Der Schaden ist vollständig ersatzfähig, nicht nur „angemessen“, soweit nicht ein Mitverschulden des Geschädigten zu berücksichtigen ist (§ 254 BGB) oder dieser einer zumutbaren Schadensminderungspflicht nicht genügt hat.

Die Verursachung des Schadens (Kausalität; vgl. ausf. hierzu DHS/Papier Art. 34 Rn. 214 f.) ist nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen, nach der Adäquanztheorie (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 48), dh unter Berücksichtigung eines „normalen“ Geschehensablaufs (vgl. BGHZ 96, 157 (171)) und des Zurechnungszusammenhangs zwischen Amtshandlung und Schadensfolgen, je nach Einzelfall (BGH NJW 1993, 520); bis ins Einzelne vorhersehbar müssen diese nicht gewesen sein (BGH NVwZ 2002, 114). Die Beweislast trägt der Geschädigte (BGH NJW 1995, 2344 (2345)); ihre Verteilung kann sich ändern, ja umkehren, wenn eine entspr. Vermutung nach der Lebenserfahrung dies begründet (BGHZ 129, 226 (233)) bzw. wenn eine gesetzliche Beweislastregel wie § 832 BGB eingreift (BGHZ 196, 35).

V. Verschulden

Das Verschulden wie seine Formen „Vorsatz und Fahrlässigkeit“ bestimmen sich nach dem Deliktsrecht des BGB, §§ 823 ff. Der Amtswalter muss seine Amtstätigkeit auf deren Rechtmäßigkeit (Rn. 15 f.) sorgfältig prüfen (BGHZ 139, 200 (203)); Vorsatz und Fahrlässigkeit beziehen sich nicht auf den (möglichen) Schaden (BGH NJW 1965, 962 (963)). Dieses Prinzip der „Verschuldenshaftung“ widerspricht der Verfassung nicht (BVerfG [K] NVwZ 1998, 271), wird aber von ihr nicht gefordert. Haftung für jedes rechtswidrige Staatshandeln (so § 1 I StHG 1981, aufgehoben durch BVerfGE 61, 249, § 1 I StHG DDR, für Amtstätigkeit aufgrund von Unionsrecht EuGH 1996, I-1029 Rn. 55 ff., 75 ff. aufgrund von Art. 340 II AEUV) wird seit langem gefordert und könnte vom einfachen Gesetzgeber eingeführt werden.

Das Verschulden ist durch die Rspr. bereits entindividualisiert (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 51), dh vom Verhalten des im Einzelfall konkret handelnden Amtswalters getrennt worden: Beurteilt wird er nach den Durchschnittsanforderungen an die Inhaber (ver)gleich(bar)er Ämter (BGHZ 134, 268 (274); 139, 200 (203) – stRspr). Überdies genügt „Organisationsverschulden“, dh das Amtsverhalten der Organisation als solcher (BGHZ 113, 367 (371 f.) – stRspr), der konkret Schuldige muss nicht genannt werden (BGHZ 106, 323 (330)). Damit ist das Verschulden praktisch „objektiviert“ worden (vgl. BGHZ 129, 226 (232)) iSe unwiderleglichen (Nicht-) Verschuldensvermutung, was im Ergebnis bedeutet: Rechtswidrigkeit genügt zur Begründung von Amtshaftung, denn das Verhalten, damit auch das Verschulden, des „Durchschnittsbeamten“, „der Organisation“, wird eben durch Rechts-/Dienstvorschriften (vgl. Rn. 16) bestimmt.

Rechtsirrtum schließt zwar grds. Vorsatz aus (BGHZ 120, 176 (181)), mangelnde Rechtskenntnis kann im Einzelfall aber Verschulden begründen (vgl. BGHZ 117, 246 (249); aA Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 51, der in diesem Fall von einem grds. Verschulden ausgeht), auch Organisationsverschulden. Kenntnis einschlägiger Rechtsvorschriften muss vom Amtswalter verlangt werden, daher auch die der richterrechtlichen Leitentscheidungen; er muss sie zugrunde legen, soweit ihm nicht als Richter ein Verwerfungsrecht zusteht; er kann/muss aber begründete Bedenken seinen Vorgesetzten mitteilen (Remonstration). Verschulden liegt allerdings bei Entscheidungen in ungeklärter Rechtslage nicht vor, wenn die Rechtsauffassung des Amtswalters von einem Kollegialgericht geteilt (worden) ist (vgl. etwa BGH NVwZ-RR 2003, 166; Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 51) – ein aber nur allg. geltender Grundsatz, der von der Judikatur vielfältig eingeschränkt wird.

VI. Haftungseinschränkungen – Haftungsausschluss

Haftungseinschränkungen und Haftungsausschluss durch einfaches Gesetz und ein diesem gleichstehendes Richterrecht sind vom BVerfG (BVerfGE 61, 149 (197 ff.)) unter Hinweis auf den (nur) grds. Inhalt von Art. 34 S. 1 gerechtfertigt worden (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 56). Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil sich der Begriff auf Haftungsübernahme nicht auf den Inhalt der Haftung bezieht. Die übrigen dort erwähnten Vorbehalte (vgl. Rn. 3) ergeben sich bereits aus anderen Verfassungsbestimmungen. Ein „Kernbereich“ der Amtshaftung ist nicht näher bestimmt; das zeigen die völlig heterogenen, vorgrundgesetzlichen, einfach-gesetzlichen Haftungseinschränkungen/Haftungsausschlüsse, von deren Verfassungsmäßigkeit die Judikatur jedoch ausgeht. Dies belegt den Verweisungscharakter des Art. 34 S. 1 auf einfaches Gesetzesrecht.

Dass Amtshaftung bei nur fahrlässigem Verhalten des Beamten entfällt, wenn der Geschädigte auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag (§ 839 I 2 BGB iVm Art. 34 S. 1 GG – Subsidiaritätsklausel), ist ein vorgrundgesetzliches, gleichheitswidriges „Beamtenprivileg“, das durch Art. 34 S. 1 zum Staatsprivileg (vgl. Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 58, der von einem Fiskalprivileg spricht) geworden ist. Es sollte die „Entschlussfreudigkeit“ der Beamten fördern, gleichzeitig aber auch die staatlichen Finanzinteressen; die Rspr. hat es gebilligt (BGHZ 61, 351 (356 f.)), die Beweislast auch hier beim Geschädigten gesehen. Die Regelung gilt aber nicht für Verhalten im Straßenverkehr (vgl. Rn. 14; BGHZ 68, 217 (220); 85, 225 (228 f.)), da dort der Staat wie jeder andere Verkehrsteilnehmer behandelt werden soll; und der Geschädigte braucht sich auch nicht auf andere (vor allem Versicherungs-)Ansprüche verweisen zu lassen, für welche er selbst Leistungen erbracht hat (BGHZ 70, 7 (10); 79, 35 (37) – stRspr).

Bei schuldhafter Nichteinlegung von Rechtsmitteln zur Abwendung des Schadens (§ 839 III BGB iVm Art. 34 S. 1 GG) tritt eine Amtshaftung nicht ein – eine Mitverschuldensregelung (§ 254 BGB; BGHZ 113, 17 (22); vgl. allerdings DHS/Papier Art. 34 Rn. 267, der auf die Unterschiede zum klassischen Mitverschuldensprinzip hinweist), welche den Geschädigten zur vorrangigen Inanspruchnahme des primär-, insbes. des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zwingen soll. „Rechtsmittel“ (ein „weiter Begriff“, BGHZ 156, 294 (299)) sind nach – bedenklicher – Rspr. nicht nur alle „förmlichen“, dh besonders geregelten Rechtsbehelfe (Beschwerde, Berufung, Revision, einstweiliger Rechtschutz), sondern auch formlose Rechtsbehelfe (Dienst- und Aufsichtsbeschwerden, Gegenvorstellungen; BGHZ 123, 1 (7); 137, 11 (23)), welche voraussichtlich zu einer, auch teilweisen (BGH NJW 1986, 1924) Abwendung des Schadens führen (BGH NJW 1993, 3061). Vorsatz oder Fahrlässigkeit der Nichteinlegung des Rechtsmittels ist hier erforderlich (RGZ 108, 224 (230)). Der Rechtsbehelf muss sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und deren Beseitigung bzw. Vornahme bezwecken und ermöglichen; dies ist nicht der Fall beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bzw. beim verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch (BGHZ 197, 375 (380 f.)). Der Geschädigte kann sich aber grds. (zunächst) auf Sachkunde und Pflichtbewusstsein der Amtswalter verlassen; ergeben sich Zweifel, so muss er jedoch rechtlichen Rat suchen (BGH NVwZ 1991, 915).

Für richterliche Entscheidungstätigkeit gilt eine Haftungseinschränkung (§ 839 II BGB). Amtshaftung greift gegenüber richterlicher Entscheidung (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 61) nur ein bei Rechtsbeugung (§ 336 StGB) oder Richterbestechlichkeit (§ 332 II StGB) – Richterprivileg. Dies bezieht sich – in einem weiten Sinn, vgl. BVerfG NJW 2013, 3630 (3632)) – auf alle richterlichen Amtswalter bei ihrer Tätigkeit zur Vorbereitung und/oder Erlass von Entscheidungen, die Rechtskraft entfalten (können), auch im einstweiligen Rechtsschutz (BGHZ 161, 298 (302 f.)); denn der Entscheidungsinhalt soll gegen erneute Aufrollung der Frage im Amtshaftungsprozess gesichert werden (BGHZ 64, 347 (349) – stRspr). Daher genießen das Verhalten der Justizverwaltung, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaft kein Richterprivileg (zu Näherem, vgl. v. MKS/Danwitz Art. 34 Rn. 109; Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 63) – für offensichtliche Verstöße höchster nationaler Gerichte gegen Unionsrecht gilt jedoch das Richterprivileg nicht (EuGH NVwZ 2004, 79).

Die Amtshaftung entfällt bei öffentlichen Gebührenbeamten (vgl. § 5 Nr. 1 RBHaftG, RGBl. 1910, 798), sowie bei Notaren (§ 19 BNotO; BGH NVwZ 2002, 373), und für das Verhalten von Amtswaltern des Auswärtigen Dienstes (§ 5 Nr. 2 RBHaftG), etwa Versagung des diplomatischen Schutzes (vgl. allg. DHS/Papier Art. 34 Rn. 278 f.).

VII. Haftungsverpflichtete Aufgabenträger

Verpflichtet nach Art. 34 S. 1 ist grds. der Rechtsträger, „in dessen Dienst“ der Amtswalter steht. Dies ist eine verfassungsrechtlich festgelegte Rechtsfolge des Art. 34. Sie ist nach der Anvertrauenstheorie (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 78) zu beantworten, die Verantwortung trifft denjenigen, der dem Amtswalter die Aufgabe anvertraut hat (BGHZ 99, 326 (330); 121, 161 (165 ff.); 160, 216 (228)). Amtshaftungslasten sind daher nicht aus dem allgemeinen Staatshaushalt zu finanzieren (BVerfG NVwZ 2012, 763 (764)). Passivlegitimiert (Adressat) ist daher das Rechtssubjekt, welches organisationsrechtlicher Träger des die Aufgabenerfüllung leistenden A mtes ist. Soweit ein Dienstverhältnis besteht, ist dies idR die Anstellungskörperschaft, welche bei Beamten „dienstherrenfähig“ sein muss (BGHZ 49, 108 (115 f.); 108, 230 (232) – Anstellungstheorie ); bei Doppelstellungen (etwa dem Landrat) ist verpflichtet, wer dem Amtswalter die betr. Aufgabe anvertraut hat, in wessen Funktionsbereich sie also fällt (BGHZ 87, 202 (204); 99, 326 (330 f.)). „Anvertraut“ ist die Aufgabe, wenn auch die Befugnisse zu ihrer Erfüllung von Anvertrauenden übertragen sind (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 78). Haftungsverpflichtet ist also bei Beliehenen die beleihende Instanz, nicht die abordnende, und auch nicht die ersuchende, sondern die ersuchte Behörde (BGH NVwZ 1992, 298); bei Wahrnehmung von Auftragsangelegenheiten haftet – trotz des insoweit missverständlichen Wortlauts – die Gemeinde (BGHZ 49, 108 (116 f.)).

VIII. Haftungsrückgriff auf den Amtswalter gem. Art. 34 S. 2

Rückgriff (Regress) bedeutet die Geltendmachung eines Anspruchs seitens des Haftungsverpflichteten (Rn. 32) gegen den Amtswalter (nicht private Beliehene, BVerwG DVBl 2010, 590; BGH NJW 2014, 3580), nur wegen und höchstens in Höhe des vom Haftungsverpflichteten einem Dritten gewährten Schadensersatzes, nicht wegen eines anderen, ihm vom Amtswalter zugefügten Schadens (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 81 ff.). Art. 34 S. 2 verweist dazu auf einfache Gesetzesbestimmungen, schließt aber verfassungskräftig den Rückgriff wegen einfacher Fahrlässigkeit im zivilrechtlichen Sinn aus, um die Entscheidungsfreudigkeit der Beamten nicht zu beeinträchtigen (Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 81). Dies entspricht herkömmlichem Dienstrecht (vgl. § 46 I 1 BRRG, § 78 I BBG, § 14 BAT) und gilt auch für Aufgabenerfüllung in zivilrechtlicher Form (9. Dienstrechtsänderungsgesetz, BGBl. 1992 I 1030) sowie aufgrund von Gemeinderecht einiger Länder auch für Mitglieder kommunaler Vertretungskörperschaften (vgl. MKS/v. Danwitz Art. 34 Rn. 123), nicht aber für BTags-Abgeordnete (Art. 46 I). In Einzelfällen besonderer möglicher Härte kann/muss aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Art. 33 Rn. 32) selbst bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit vom Rückgriff abgesehen werden (vgl. DHS/Papier Art. 34 Rn. 298, der darauf hinweist, dass keine Pflicht zum Regress bestünde). Trägt der Dienstherr einen Schaden selbst, so kann er ihn im Rahmen seiner allgemeinen Aufwendungen umlegen (BVerfG [K] NVwZ 2016, 606 (608)).

IX. Rechtsweg

Durch Art. 34 S. 3 darf der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für Amtshaftungsklagen gegen den Staat (nicht seitens des Staates, BVerwGE 37, 231 (236); BGHZ 43, 272) vom einfachen Gesetzgeber nicht ausgeschlossen werden (vgl. auch § 71 II 2 GVG; DHS/Papier Art. 34 Rn. 305). Zuständig ist erstinstanzlich das LG. Dieser vielkritisierte „Doppelrechtsweg“ gegen staatsverursachtes Unrecht hat historische Gründe in der erst späteren Entfaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, doch spricht auch manches für die spezielle Kompetenz des Zivilrichters als Haftungsrichter. Er hat gegenwärtig zwar nicht über die Rechtsbeständigkeit behördlicher Akte, insbes. VAe, zu entscheiden, wohl aber über deren Rechtmäßigkeit als Haftungsvorfrage (vgl. Rn. 15), auch wenn sie bereits bestandskräftig sind (BGHZ 113, 17 (18 ff.) – stRspr, unter Hinweis auf § 839 III BGB); gebunden ist das Zivilgericht nur an die Tatbestandswirkung des VA (BGHZ 112, 363 (365 f.)) sowie an rechtskräftige Feststellungen der Verwaltungsgerichte (BGHZ 97, 97 (103)). Bis zu deren Entscheidung kann ein Amtshaftungsverfahren ausgesetzt werden (§ 148 ZPO).

X. Staatshaftungsrecht in den Neuen Ländern

Der EinigungsV (BGBl. 1990 II 885, 1168) hat das Staatshaftungsrecht der DDR (BGBl. DDR 1969, 34) teilweise geändert, aber als Landesrecht aufrechterhalten; nach ihm galt unmittelbare, von Amtswalterverantwortlichkeit gelöste, verschuldensunabhängige Amtshaftung, und dies gilt für die vor dem 3.10.1990 begangenen Amtshandlungen weiter (Art. 232 § 10 EGBGB). In Berlin und Sachsen wurde das DDR-Recht vollständig aufgehoben; in Sachsen-Anhalt (GVBl. 1992, 655) und in Brandenburg (GVBl. 1992, 186) weitgehend, in Thüringen vor allem hinsichtlich der öffentlichen Haftung im Bereich der Verkehrssicherungspflicht (GVBl. 1993, 273); in Mecklenburg-Vorpommern gilt DDR-Recht im Wesentlichen fort (GVBl. 1992, 314 (362)).

XI. Andere öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen

Der verwaltungsgerichtliche Folgenbeseitigungsanspruch bezieht sich auf unmittelbare Folgen rechtswidrigen amtlichen Verhaltens (vgl. BVerwGE 69, 366 (373) – stRspr) und wird aus Art. 20 III, anderen Grundrechten (BVerwG NJW 1985, 1481) oder Gewohnheitsrecht (BVerwGE 94, 100 (103)) begründet. Er soll die Lücke schließen, die sich daraus ergibt, dass die Rspr. Haftungsansprüche nur in Geld befriedigen will. Hier können auch Widerrufs- und Richtigstellungserklärungen verlangt werden.

Ausgehend von dem Grundgedanken des Eigentumsschutzes, Art. 14 wurden richterrechtlich die Rechtsinstitute des enteignenden Eingriffs für atypische Rechtsfolgen rechtmäßigen Staatshandelns und des enteignungsgleichen Eingriffs für rechtswidriges, aber schuldloses Staatshandeln entwickelt (Art. 14 Rn. 27 bzw. 28), ebenso der Aufopferungsanspruch bei rechtmäßig-hoheitlichen Eingriffen in nichtvermögenswerte Rechte (vgl. ausf. zu den weiteren öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 15).

XII. Staatshaftung nach Unionsrecht

Verstößt die Amtshandlung eines deutschen Amtswalters gegen Unionsrecht, so löst dies nach EuGH-Richterrecht (EuGH NJW 1992, 165; 1996, 1267 (1268); für letztinstanzliche Gerichte, vgl. EuGH NJW 2003, 3539) eine unionsrechtlich begründete Amtshaftung aus. Dabei ist zwischen der unmittelbaren Eigenhaftung der Union durch die Organe und Amtsträger der Europäischen Union gem. Art. 340 AEUV und Art. 41 III GRCh und der Haftung der Mitgliedstaaten bei einem Verstoß nationaler Stellen gegen EU-Recht unter bestimmten Voraussetzungen (EuGH NJW 1996, 1267 (1268); NVwZ 2009, 771 (772)) jeweils auf Schadenersatz zu unterscheiden. Zu den einzelnen Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch vgl. Jarass/Pieroth/Jarass Art. 34 Rn. 6. Ein Verschulden des Amtswalters ist dafür nicht Voraussetzung, ebenso wenig Drittbezug (vgl. Rn. 24, 18 ff.; EuGH NJW 1996, 3139). Der BGH hat dies übernommen (BGHZ 134, 30 (37); 146, 153 (158); Sachs/Detterbeck Art. 34 Rn. 94 ff.).